Bettina Rogosky, la Signora und ihr Caberlot

Bettina Rogosky
Bettina Rogosky
Ich hatte das große Glück und Vergnügen, Bettina Rogosky in den frühen 2000er Jahren in der Toskana kennenzulernen. Ich war zu Gast im Weingut „Capannelle“, wo ich am Abend einen Vortrag über Trüffel halten und ein Menü moderieren durfte. Bettina und ihr Kellermeister Peter Schilling waren ebenfalls Gäste des Hauses „Capannelle“. Bettina war meine äußerst charmante Tischnachbarin, und ich erfuhr von ihr, dass wir bereits 30 Jahre zuvor schon einmal Nachbarn waren. Sie und ihr leider bereits verstorbener Ehemann Wolf hatten in den 1970er Jahren in Meerbusch-Büderich gewohnt, auf dem Dülsweg 10. Meine Eltern und ich auf dem Dülsweg 21. Diese Vertrautheit gab eine gute Gelegenheit, uns intensiver auszutauschen. Am Ende des Abends merkten wir beide, dass es noch viel mehr Geschichten zu erzählen gab. Wir verabredeten uns für den nächsten Mittag auf ihrem Weingut „Podere Il Carnasciale“ nur wenige Kilometer vom Weingut „Capannelle“ entfernt. Dort lernte ich nicht nur den wunderbaren und extrem damenhaften Charakter der Bettina Rogosky kennen, sondern auch die außergewöhnliche Geschichte des „Il Caberlot“.

Ich trinke Jägermeister, weil…
Bereits in den frühen 1970er Jahren machten Bettina und Wolf sich auf, ein Haus in der Toskana zu kaufen. Wolf war ein erfolgreicher Werbefachmann, der solch geniale Werbeslogans wie „Ich trinke Jägermeister, weil…“ erfunden hatte (die älteren unter Ihnen werden sich erinnern) und dessen Kreativität noch einige Male in diesem Bericht Erwähnung finden wird.
Nachdem Wolf und Bettina ihr Domizil „Il Carnasciale“ gekauft, umgebaut und bezogen hatten, erhielte sie auch die Genehmigung, einen kleinen Weinberg anzulegen. Die Idee dazu war von Anfang an ein Thema gewesen. Vor allem war aber auch entscheidend, die richtigen Berater – Oenologe und Agronom – zu finden, um zusammen eine Idee zu entwickeln, was man denn besonderes auf der kleinen Fläche von 0,3 Hektar pflanzen könnte. Auf der Suche nach dem geeigneten Projekt lief ihnen dann eine Traube über den Weg, die es eigentlich nicht geben dürfte. Es war eine Kreuzung aus Cabernet Franc und Merlot, sprich Caberlot. Das Besondere an dieser Kreuzung ist, dass sie sich nicht kreuzen lassen. Es handelte sich um eine Spontanmutation der Natur, die sich einfach nicht reproduzieren ließ.

Il Caberlot 2011Spontanmutation im Wein
Wolf Rogosky kaufte alle existierenden Stöcke des Caberlot vom Agronomen Bordini, der ihm versprach, diese Mutationen an niemanden anderes zu verkaufen. Wolf pflanzte die Caberlot Stöcke in dem Weingarten von „Il Carnasciale“, und damit war „Il Carnasciale“ das einzige Weingut der Welt, welches diese Traube anbaute. Und so ist es noch heute, denn der Handschlag, das Gentlemen’s Agreement zwischen Wolf und Agronom Bordini, gilt weiterhin. Mitte der 1980er Jahre war es so weit. Die ersten Trauben wurden reif genug, um den ersten Wein daraus zu keltern. Ganz ohne technisches Gerät wurden die Trauben gepflückt, entrappt, gepresst und in feinsten Wein verwandelt. 500 Liter war die Ausbeute im Jahr 1988, dem ersten Jahr des „Il Caberlot“. Da Wolf ein Freund der Großflasche war, füllte er den Wein, der zwei Jahre im Barrique gereift war, in 300 Magnumflaschen ab und noch heute wird der „Il Caberlot“ ausschließlich in Magnum oder in noch größeren Flaschen abgefüllt.
Das Etikett sollte einfach aber einprägsam sein. Bettina und Wolf entschieden sich für ein einfarbiges Etikett mit einem fett mit Pinsel gemalten schwarzen Kreuz in der Mitte. Das Kreuz sollte so groß sein, dass man den Wein auch von weitem erkennen kann. Gleichzeitig sollte die Menge der schwarzen Farbe den Charakter des Jahrgangs wiederspiegeln. Dichtere Weine, viel Farbe, elegantere Weine, weniger Farbe am Pinsel. So gibt es heute zwar die verschiedensten schwarzen Kreuze auf den Etiketten der über 25 produzierten Jahrgänge „Il Caberlot“, von ganz filigran bis ganz fett, aber es gibt niemals zweimal die gleiche Farbe. Jedes Jahr hat das Etikett eine andere Farbe. Der Grund ist so einfach wie genial. Man soll auch von weitem und ohne Brille nicht nur den Jahrgang des Weins, sondern auch seinen Charakter erkennen. Soweit zur Kreativität des Wolf Rogosky.

Glück mit dem Terrain
Aber alle diese Marketingeffekte verpuffen, wenn der Inhalt nicht stimmt. Hier hat neben dem Fleiß und dem Talent der Rogoskys auch noch das Glück seine Finger im Spiel gehabt. Zum einen deshalb, weil die Natur es so geregelt hat, dass die Caberlot-Traube die Vorteile von Cabernet Franc und Merlot in sich vereint hat und die Nachteile beider Trauben bei der Kreuzung eliminiert wurden. Es hätte auch andersrum kommen können. Zum anderen ist das Terrain des „Il Carnasciale“ der Punkt, der aus dieser Traube den perfekten Rotwein werden lassen kann.
Seit 1996 musste Bettina das Erbe von Wolf alleine schultern und sie machte es bravourös. Auch das Treffen von Peter Schilling und Bettina Rogosky muss als glücklicher Zufall gewertet werden. Peter war schon lange ein genialer Önologe und Kellermeister. Ihm standen die Türen der besten Weingüter der Welt offen, als er den 1996er „Il Caberlot“ probierte. Er wusste sofort, dass dieser wunderbare Tropfen die Potenz hat, einer der größten und besten Weine der Welt zu werden. Diesem hehren Ziel widmete Peter von da an sein Leben und Können, und nicht wenige Weinkenner stehen ihm zu, dieses bereits erreicht zu haben. Hierzu muss man wissen, dass die „Podere Il Carnasciale“ mit heute insgesamt 3,5 Hektar ein winzig kleines Weingut ist und dass Superönologen wie Peter Schilling sich eigentlich eher zu den großen Weingütern hingezogen fühlen.

Carnasciale 2012 Il Caberlot 2012Von 300 auf 3000
Mit Peter Schiller startete eine Entwicklung in zwei Richtungen. Die Qualität des Produkts wurde kontinuierlich verbessert und die Rebfläche wurde stets ein wenig vergrößert, so dass aus den anfänglich 300 Magnums „Il Caberlot“ in kleinen Schritten 3000 Magnums wurden. Um die Qualität zu verbessern, war es nötig, die Trauben der alten Weinstöcke für diesen Wein zu benutzen. Da die Vergrößerung der Rebfläche jedoch auch junge Rebstöcke benötigte, wurde aus deren Trauben kein „Il Caberlot“ gemacht. Der Wein der jungen Reben wurde zwar genau so aufwändig verarbeitet wie der „Il Caberlot“ und ebenfalls in Flaschen, deren Etikett ein weißes Tintenkreuz zur Charaktererkennung trägt, abgefüllt. Jedoch nur und konsequent in 0,75 l Flaschen und unter dem Namen des Weinguts „Carnasciale“. Also Magnum oder größer mit schwarzem Tintenkreuz Etikett = „Il Caberlot“ , 0,75 l Flasche mit weißem Tintenkreuz Etikett = „Carnasciale“
Es ist jetzt aber nicht unbedingt so, dass der „Il Caberlot“ viel besser als der „Carnasciale“ ist. Es sind aufgrund einer Auswahl,die einer Fassverkostung folgt, zwei verschiedene Weine, wobei der „Carnasciale“ früher zugänglich ist. Er kann also jünger getrunken werden als sein großer Bruder. Da sich beide Weine im eher gehobenen Preissegment befinden ist der „Carnasciale“ auch der ideale Wein, um einmal auszuprobieren, ob man ein Caberlot-Liebhaber ist oder nicht. Die Chance, dass man es nicht ist, ist jedoch relativ klein. Weinkenner, Kritiker und Weinführer sind sich mittlerweile sehr einig, dass es weltweit nicht sehr viel Stoff in dieser Qualität gibt.
Wenn Sie sich jetzt fragen sollten, warum man so selten über die Weine von Bettina Rogosky liest, dann liegt das an der sehr begrenzten Verfügbarkeit ihres Stoffs. Für einen Weinjournalisten ist es immer sehr ernüchternd, über Weine zu schreiben, die man nicht kaufen kann.
Ich habe die Freundschaft mit Bettina immer sehr gepflegt, und so sehr ich sie für ihre Arbeit und für ihr entzückendes Wesen bewundere, so sehr schätzt sie, was ich für die Kulinarik in unserem Land tue. Auf diesem festen Fundament aufbauend ist es uns deshalb möglich, den „Il Caberlot“ und den „Carnasciale“ nicht nur anbieten zu können, sondern sogar eine gewisse Jahrgangstiefe vorhalten zu können.
In den Anfängen unserer Freundschaft hatte ich die Gelegenheit, mit Bettina alle Jahrgänge, sogar den allerersten, von dem es weltweit nur noch sieben Flaschen gab, zu probieren. Seit dieser Zeit bin ich von Bettinas Wein verzaubert. Wenn es bei mir einmal wirklich etwas zu feiern gibt, dann hole ich mir eine Flasche „Il Caberlot“ aus der Holzkiste, obwohl noch wesentlich namhaftere Tropfen in meinem Keller liegen. Mein Wein für den besonderen Anlass ist und bleibt der „Il Caberlot“.

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3 Gedanken zu „Bettina Rogosky, la Signora und ihr Caberlot“

  1. Die Behauptung im Artikel ist m. E. nicht korrekt, denn warum sollte sich Cabernet Franc und Merlot nicht kreuzen lassen? Beide Sorten gehören der Spezies Vitis vinifera an – also ist eine Kreuzung kein Problem. Selbstverständlich kann man bei der Wiederholung einer Kreuzung nie dasselbe Ergebnis erzielen, aber das gilt für alle Kreuzungen dieser Welt.

    Auch die Bezeichnung als Mutation ist nicht korrekt. Eine Mutation ist eine spontan aufgetretene genetische Veränderung und eine Kreuzung ist ganz etwas anders.

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