Christian Rätsch: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen.

Enzyklopädie der psychoaktiven PflanzenVorbemerkung
Liebe Privatköche, liebe professionelle Köche, Sie müssen jetzt einmal noch mehr Charakter zeigen, als Sie ohnehin schon haben. Ich werde Ihnen nun ein Buch vorstellen, dessen Inhalt – sagen wir: ein gewisses über das normale Maß hinausgehende Potential hat. Ich werde Ihnen nicht vorschlagen, den Inhalt in Ihrer Küche zu nutzen und schon gar nicht darüber spekulieren, was sich alles an besonderen Situationen einstellen könnte, wenn Sie denn von diesem Inhalt Gebrauch machen. Ich werde darüber hinaus – Sie sehen mich ja nicht, während ich diesen Text schreibe – jede Anspielung vermeiden und auch nicht von einer klammheimlichen Freude berichten, die mich bei der Lektüre des Buches irgendwie beschlichen hat. Es ist also Ihr Ding, was sie damit anstellen. Ich informiere nur darüber, das es so etwas gibt. Nun denn, sei’s drum.
Hier kommt:

Christian Rätsch: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen.
AT-Verlag, Aarau und München, 13. Auflage 2016.
942 Seiten, geb., 99 Euro

Das Buch
Diese Enzyklopädie ist eine prototypische Enzyklopädie, also ein Buch, in dem zum Thema nun wirklich alles zu finden ist. Dr. phil Christian Rätsch, geb. 1957 hat schon eine ganze Reihe einschlägige Bücher geschrieben und im Laufe seines Lebens ein Christian Rätschsagenhaftes Wissen angehäuft. Er beginnt mit der Klärung der Frage, was psychoaktive Pflanzen sind, spricht über den Gebrauch, über schamanisches Bewusstsein, über die Angst vor psychoaktiven Pflanzen, ihre Erforschung und über die Pflanzen als „kulturschaffende Faktoren“.
In den Hauptteilen geht es sodann um die psychoaktiven Pflanzen (ca. 600 Seiten), über psychoaktive Pilze, über psychoaktive Produkte, über Pflanzenwirkstoffe und weiter systematisierende Details.
Als Beispiel für die Darstellungen möchte ich ein besonders kulinarisch relevantes nehmen, nämlich Myristica fragrans, den Muskatnussbaum. In sagenhafter Detailliertheit geht es u.a. von den Formen und Unterarten über Geschichtliches zur Verbreitung, den Anbau, das Aussehen und die Verwendung als Droge bis zu Zubereitung und Dosierung, der rituellen Verwendung und der medizinischen Anwendung. Wie fast immer bei solchen Pflanzen, die auch bei den Naturvölkern schon immer eine große Rolle gespielt haben, ist die Wirkung eine Frage der Dosis – was hier natürlich ebenfalls mit Unmengen von Details und Zitaten beschrieben wird. Muskat hat da eben auch eine große Bandbreite. In kürzester Zeit entwickelt dieses Buch auf diese Weise einen Sog, dem man sich bei einschlägigem Interesse kaum entziehen kann.

Und dann geht die Phantasie doch noch mit einem durch…
Es wird klar, dass man sich sehr viel in den Mund stecken kann, und alles, was man sich in den Mund stecken kann, eignet sich ja im Prinzip auch für kulinarische Verwendungen. Ist es denkbar, dass bestimmte Gerichte so wirken, wie sie wirken, weil bestimmte Pflanzen und Aromen hoch dosiert eingesetzt sind? Ist es denkbar, Gerichte zu kochen, die psychoaktive Wirkungen haben? Ist es denkbar, dass man ganze Menüs gestaltet, die – was die Definitionen als Droge angeht – durchaus legal sind, die aber trotzdem ein – sagen wir: psychoaktiver Hauch (oder mehr) durchzieht? Ist es denkbar, dass sich Gerichte entwickeln lassen, die psychoaktive Wirkungen als eine ganz normale Erweiterung des Genusses besitzen? Und – wie gefährlich ist das möglicherweise? Müssen wir vielleicht damit rechnen, dass sich der ein oder andere Nova-Regio-Spezialist demnächst hier neue Perspektiven schafft?
Nur kurz nebenbei: Im Abschnitt über Rauchmischungen gibt es gleich eine ganze Liste von „psychoaktiven Räucherkräutern“, und unter ihnen finden sich ziemlich harmlos klingende Vertreter wie der Beifuß, die Katzenminze, Passionsfruchtkraut oder das Habichtskraut. Was tut sich hier für ein Fass auf!

Fazit: Das Buch macht einen so profund recherchierten Eindruck, dass man sich erst einmal unweigerlich fragt, wie dem Autor zwischen seinen entsprechenden Selbsterfahrungen noch Zeit zum Schreiben blieb. Nun denn, der Inhalt ist jedenfalls überraschend und kann ohne Zweifel kulinarische Bereiche tangieren, die bei weitem noch nicht erforscht sind. Kann vielleicht ein Glas psychoaktiver Tee vor dem Essen subjektiv den Geschmack des ganzen Essens verändern? Es fällt schwer, dem Buch eine kulinarische Bewertung zu geben, weshalb es hier außer Konkurrenz läuft. Ich wollte es Ihnen aber unbedingt vorstellen und – ich gebe es zu – Ihre Gedanken einmal ein klein wenig in diese Richtung schweifen lassen. Essen ist schließlich so oder so meist ausgesprochen psychoaktiv…

Bewertung: Das Buch startet wegen des nicht explizit kulinarisch ausgerichteten Themas außer Konkurrenz und erhält hier keine Wertung –
könnte aber gut und gerne drei BBB bekommen.

3 Gedanken zu „Christian Rätsch: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen.“

  1. Ich besitze das Buch seit einiger Zeit und finde es ist ein Fachbuch für Wissenschaftler und für die breite Masse der Leser eher ungeeignet, da es auf sehr hohem fachlichen Niveau geschrieben ist.
    Ich vermisse die schnelle Orientierung durch das Inhaltsverzeichnis. Wenn man beispielsweise ein Kraut sucht, mit dem althergebrachten Namen wird man es kaum finden, sondern man kennt den lateinischen Namen dafür.
    Ich war in der ersten Zeit wirklich enttäuscht und hatte es bereut es gekauft zu haben. Jetzt steht es es im Bücherregal ohne wirklich gelesen zu werden.

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