Foie gras

Foie gras wird umgangssprachlich Gänsestopfleber genannt und den Franzosen zugeordnet, was aber eigentlich nicht richtig ist. Ein Großteil der in Frankreich produzierten Foie gras kommt von Enten – über 90%. Dennoch hat die Bezeichnung Gänsestopfleber sich in den Köpfen der Köche der gehobenen Gastronomie und der Gourmets manifestiert.

Die Heimat der Gänsestopfleber ist jedoch Ungarn, und dort hat dieses Produkt eine jahrhundertelange Tradition. Die Tiere werden am Ende eines sehr freien und gehegten Lebens in Freilandhaltung für wenige Tage gestopft, um dadurch eine große fetthaltige Leber zu bekommen, die als Delikatesse gilt. Dies ist ein sehr kontroverses Thema mit vielen Meinungen und Emotionen.
Foie Gras wird seit über 4000 Jahren hergestellt. Man kam darauf, als man feststellte, dass sich die Vögel für ihren Zug in den Süden Fettreserven in der Leber zulegten. Richtiger wäre zu sagen, dass es nicht der Flug in den Süden, sondern der Flug in den Norden war; denn es waren die Ägypter, die das Prinzip des Gänsestopfens erfanden.
Man findet Foie gras in den verschiedensten Formen z. B. frisch gebraten oder als Pastete flächendeckend auf Speisekarten der gehobenen Gastronomie. In einigen Ländern der EU ist die Produktion verboten. Der Handel ist aber erlaubt.

In Frankreich wurde die Foie Gras 2005 zum nationalen Kulturgut erklärt. In anderen Gegenden der Welt wurden Verkaufsverbote erlassen wie in Kalifornien 2012. In anderen wurden bestehende Verkaufsverbote wieder aufgehoben wie in Chicago 2012.

Tierschutzexperten des Europarates einigten sich in den 1970er Jahren, dass „die Haltung und Mast von Schwimmvögeln jeder anderen – und damit ist auch die Haltung von Hühnern, Puten, Schweinen und Rindern gemeint – als die humanste von allen, vorzuziehen ist“.  Jahrelang kämpfen Tierschutzorganisationen mit den verschiedensten Aktionen (einige wie ich finde am Rande der Kriminalität) für ein Verbot von Foie gras.

Als ich das erste Mal das Vergnügen hatte, Foie gras zu essen, war ich in erster Linie vom Geschmack überzeugt – cremig, vollmundig, lecker. Doch ich war verunsichert, da ich mal gehört hatte, dass den Tieren ein Metallrohr in den Hals gesteckt wird und sie mit Maisbrei gemästet werden, damit ihre Leber fett wird. Allein beim Gedanken daran tat mir der Hals weh. Ich recherchierte im Internet und bekam viele Meinungen über das Für und Wider der Foie gras. Ich befragte Kollegen aus der Gastro-Szene u.a. auch welche, die Zuchtfarmen in Frankreich schon besucht hatten.

Um mir einen objektiven Eindruck zu vermitteln, habe ich mir die Anatomie der Vögel angeschaut. Die Gänse haben keinen Kehlkopf wie wir Menschen. Luft- und Speiseröhre enden parallel im Schnabel, der Ausgang der Luftröhre liegt unter der Zunge. Die Speiseröhre ist sehr flexibel und dehnbar und hat direkten Zugang zum Magen. Die Vögel sind dadurch in der Lage, ganze Fische und sogar Kieselsteine (hilft bei der Verdauung) ohne Probleme und Schmerzen zu schlucken. Die Schwimmvögel haben durch ihren natürlichen Fresstrieb, bevor sie sich auf den über 1000 km langen Weg nach Norden bzw. Süden machen, die Angewohnheit, so viel zu fressen, dass sich ihre Leber als Energiereserve in Form von Fett auf das Vielfache ausdehnen kann.

Natürlich gibt es bei der Aufzucht und Mästung wie überall „schwarze Schafe“ und es werden Fehler gemacht. Da sich aber jeder Fehler auf die Qualität des Endproduktes auswirkt, sind gute Züchter stets bedacht, diese zu vermeiden. In der Regel dauert es 6 bis 9 Monate, bis eine Gans alt und groß genug für die Mästung ist. Bis auf die letzten 15 bis 18 Tagen leben die Tiere freilaufend draußen, dann werden die Gänse in Gruppen bis zu 6 Tieren in großen Käfigen gehalten und täglich zwei bis drei Mal für 5 Sekunden mit Maisbrei gestopft. Das sind auf die Lebensdauer des Tieres gerechnet gerade mal 2-3 Minuten. Bei der entstandenen fetten Leber handelt es sich nicht um Leberzirrhose. Die Leber ist noch in Takt und würde sich bei Absetzung der Mast auch wieder zurückbilden.

Man könnte an dieser Stelle noch weitere Ausführungen und Meinungen zu diesem Thema einbringen, welches aber den Rahmen dieses Berichts sprengen würde. Jeder Leser sollte sich seine eigenen Gedanken machen. Spätestens, wenn sich alltäglich Fleisch aus Massentierhaltungen bei ihm auf dem Teller befindet, sollte Foie gras kein Thema mehr sein. Denn jedes dieser Tiere litt in seinem Leben mehr, als die Gans.

Ich selbst esse gerne, aber selten Foie gras. Es ist für mich in den verschiedensten Zubereitungsarten immer wieder ein kulinarischer Hochgenuss und etwas Besonderes.

Fotos: Rougie

3 Gedanken zu „Foie gras“

  1. Sehr geehrter Herr Bos,

    leider zeugt ihr Artikel von dem Grad der Verdrängung, der wohl erforderlich ist, um solche Produkte mit guten Gewissen konsumieren zu können. Die Produktion der Foie Gras hat nicht mit dem natürlichen Fresstrieb zu tun. Ansonsten müsste man den Enten (die vorwiegend anstelle von Händen gemästet werden) kein Rohr in die Speiseröhre stecken. Solange die Speiseröhre der Vögel nicht ihrerseits aus Metall besteht, dürfte die Prozedur trotz angeblicher „Dehnbarkeit“ sehr schmerzhaft sein. Wenn Sie sich trotz Internetrecherche darauf verlassen, was sie aus Gesprächen mit Gastronomen, die Zuchtfarmen besucht haben, erfahren, dann ist es so, als würde man sich nach der Lektüre von Statistiken über Fluglärm in einem Gebiet mit Mitarbeitern des Flughafens unterhalten, die angeblich schon einmal in dem Gebiet gewesen sind. Wie erklären Sie sich die Berichte und Videos über die grausame Haltung der Tiere? Erfunden? Einzelfälle? Ich glaube nicht. Zu guter Letzt das allseits beliebte Totschlagargument: „Spätestens, wenn sich alltäglich Fleisch aus Massentierhaltungen bei ihm auf dem Teller befindet, sollte Foie gras kein Thema mehr sein. Denn jedes dieser Tiere litt in seinem Leben mehr, als die Gans.“ Mit dieser Argumentation wird jeder Mensch, der sich bewusst für Vegetarismus, Veganismus, den Verzicht auf Reisen aus Umweltgründen, den Kauf von Bioprodukten etc entscheidet stets konfrontiert. Denn wenn man nicht vollständig auf alles Umweltschädliche oder Tierquälerische verzichtet, dann ist ohnehin alles egal und man kann 20 mal im Jahr fliegen, überall mit dem Auto hinfahren und auf einer Karibik-Kreuzfahrt besten Gewissens Thunfisch, Kaviar und Stopfleber schnabulieren, Krokodilsledergürtel tragen und im Pelzmantel herumlaufen. Schließlich essen andere Leute ja auch Salami.

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    • Dieses „Todschlagargument” ist an dieser stelle vollkommen richtig. Es geht nicht darum, dass alles egal ist, sondern das die Diskussion um Stopfleber höchstens Teil der generellen Frage um Fleisch sein kann: „Sollten wir aufhören Tiere aus der industriellen Zucht zu konsumieren?” Denn der Gans wird kein Leid zugefügt, welches nicht auch jedes anderes Tier (oder sogar weniger) in der Zucht erleiden muss.

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