Corona Update: Doch erst die Hotels?

Angela Merkel hat bei der letzten Pressekonferenz auf Nachfrage sinngemäß geantwortet, dass sie noch nicht sagen könne, ob Urlaub in diesem Jahr wirklich möglich ist. Wie Sie wissen, gibt es nach wie vor keinerlei Perspektiven für eine Öffnung der Restaurants. Es muss eher vermutet werden, dass die Modellversuche in Schleswig-Holstein oder dem Saarland scheitern und dann im Endeffekt dafür sorgen, dass Öffnungsperspektiven noch kritischer gesehen werden. Was allgemein die möglichen Öffnungen von Außengastronomie angeht, ist sie aus wettertechnischen Gründen für Gourmetrestaurants quasi unmöglich, weil man nicht bei einem plötzlichen Wetterwechsel in die Innenräume umziehen kann. Wer unter solchen Aspekten aus größerer Entfernung zu einem Restaurant fährt, stünde eventuell schon bei der Ankunft wetterbedingt wieder „auf der Straße“. Es ist also damit zu rechnen, dass sich die meisten Gourmetrestaurants nicht für Außengastronomie-Öffnungen interessieren werden. Außengastronomie ist etwas für spontane Entscheidungen und unaufwändige Formen von Essen. Sie ist etwas für den spontane Zugriff, wenn man zufällig in der Nähe ist. Andererseits bieten sehr viele Restaurants aus dem „normalen“ Segment andere Angebote von überdachten Open Air-Veranstaltungen über Parkplatzessen bis zu Liefer- und Abholservice, die sehr gut auch von Touristen genutzt werden könnten. Die aber können nicht kommen, weil die Hotels und Ferienwohnungen etc. noch nicht wieder geöffnet haben.

Womit man zu einer Überlegung kommen sollte, die – sagen wir: gewisse taktische Vorteile hätte.

Sollte man zuerst und möglichst schnell die Hotels öffnen?
Eine Nutzung der aktuellen Restaurantangebote ist im Moment hauptsächlich lokal möglich. Kaum ein Freund guter Küche legt große Strecken zurück, um sich irgendwo sein Essen zu holen, und die bundesweiten Versender sind zwar zahlreich, aber bei weitem nicht genug, um den Bedarf zu decken. Die Gäste müssen also näher an die Gastronomie kommen. Wenn das möglich wird, kann man eine Menge Angebote verstärken und entwickeln und gleichzeitig hätten die Menschen wieder das Gefühl einer gewissen Freiheit. Für die Gastronomie wäre das ein großer Fortschritt – auch wenn es einige Gourmetrestaurants geben würde, die unter solchen Umständen nach wie vor nicht zu vollem Betrieb zurückgeführt werden könnten.

Es gibt aus dem letzten Jahr viele Erfahrungen damit, wie sich die Hotels unter Auflagen verhalten. Ich empfand die Verhaltensweisen als sehr strikt, sinnvoll und im Grunde unproblematisch und habe in den Hotels – anders als bei den Restaurants – keinerlei kritische Situationen erlebt. Speziell bei größeren Hotels hatte ich den Eindruck, dass man sich mit den oft vielfältigen Räumlichkeiten sehr gut auf die Einschränkungen einstellen kann. Frühstück wurde teilweise in Schichten absolviert, ohne Schlangen an den Büffets am Tisch serviert oder eben auch auf dem Zimmer. Es gab Hotels, die weitere Räumlichkeiten für das Frühstück nutzten, um so mehr Luft zu schaffen, je nach Wetterlage ist man zusätzlich nach draußen ausgewichen.

Die Restaurant-Aktivitäten müssten vermutlich noch begrenzt bleiben. Auch hier habe ich aber neben der räumlichen Neuverteilung von Tischen einen unproblematischen Schichtbetrieb erlebt, der teilweise sogar über den Tag hinweg zu einer höheren Auslastung als im normalen Betrieb geführt hat. Vor allem in Frankreichs Luxushotels war man seinerzeit befristet zu regelrechten Essen auf dem Zimmer übergegangen. Auch das ist einen Gedanken wert. In großen Hotels lassen sich auch für Pensionsessen etc. durchaus Möglichkeiten schaffen. Schon jetzt existieren übrigens auch Auslagerungen der Aktivitäten, also ein Bringservice aufs Zimmer von externen Restaurants, der dann ein Essen auf dem Zimmer bei Hotels mit kleinen Restaurant-Räumlichkeiten ersetzen könnte. Wie dem auch sei: wenn die Gäste einmal vor Ort sind, würden sie eine Menge mehr von gastronomischen Aktivitäten realisieren können, als das im Moment der Fall ist. Für die Gastronomen insgesamt (also auch die Verbände) sollte man sich mit dieser Zwischenlösung (die im übrigen leicht den ganzen Sommer dauern könnte) befassen. Die Gäste würden sich mit Sicherheit schon zurechtfinden und positiv – und je nach Wetterlage – auf die Angebote reagieren.

Was die Zimmer angeht, habe ich sehr sinnvolle Regelungen erlebt. Der Zimmerservice kam während des Aufenthaltes nicht ins Zimmer, so dass dieser mögliche Infektionsweg abgesperrt war. Nach Abreise wurde gründlich desinfiziert, in einem Hotel, in dem wir längere Zeit waren, wurde das Zimmer nach unserer Abreise für eine Nacht nicht verkauft, um so eine zusätzliche „Neutralisierung“ zu schaffen.

Was die Politik möglicherweise gar nicht im Visier hat, ist der Überdruck, den man durch die gegenwärtigen Regelungen erzeugt. Wenn man heute alles gleichzeitig wieder freigeben würde, würden sich Millionen stehenden Fußes auf den Weg machen. Wir haben den Eindruck als ob vor allem gut bewegliche Rentner jetzt schon alles in Grund und Boden ausbuchen und einen gigantischen Massenansturm herbeiführen. Wenn man dann noch Ferien plus Rentner gleichzeitig loslässt, provoziert man eine Katastrophe. Wer das entzerren will, müsste mit vielleicht unpopulären Maßnahmen hantieren, wie etwa einer Freizügigkeit, die nach Altersgruppen gestaffelt ist. 65plus müssten dann ihre Fahrten in eine Zeit außerhalb der Schulferien verlegen. Das wäre nur logisch, die Virologen würden vielleicht mitmachen…

Und noch etwas am Rande:

Äh…was ist eigentlich mit den Kantinen? In den Parlamenten, in den Betrieben, wie viele Ausnahmen gibt es und wie viele Menschen essen jeden Tag dort?
Es gibt da ein Blackbox-Phänomen, das irgendwie fast immer unter den Tisch fällt. Wie viele Menschen haben eigentlich – unsere Parlamentarier inbegriffen – jeden Tag die Möglichkeit, ganz normal in einer Kantine zu essen? Und – falls es bei Parlamentariern möglich ist, für die es ja anscheinend notfalls auch immer noch Ausnahmen aller Art gibt, könnte man da nicht mit einem befristeten Streit des Küchenpersonals einmal etwas mehr Realismus einkehren lassen?

Aber – das eben nur am Rande…

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