Vor einiger Zeit erzählte mir ein junger Koch, dass er sich selbständig machen wolle. Mit einem nachhaltigen Restaurantkonzept. Nachgefragt was er denn damit meine, geriet er ein bisschen ins Trudeln. Mit Bio und so war seine Antwort. Im Prinzip keine schlechte Idee. War Bio lange Zeit in der Gastronomie bedeutungslos, so scheinen derzeit die privaten Bio-Käufer vermehrt ökologisch einwandfreie Produkte auch als Gast in Restaurants zu erwarten.
Nun, ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Echte Nachhaltigkeit bedeutet, ein sehr komplexes ökologisches Gefüge zu schaffen. Und Bio bedeutet nicht automatisch nachhaltig produzierte Lebensmittel. Schon gar nicht “Bio für Massen“ aus dem Supermarkt. 82 Prozent aller Bio-Tomaten in dieser Vertriebsschiene werden aus dem Ausland herbeigekarrt. Aus Südspanien oder Marokko, sonnenverwöhnte aber dürre Landstriche, in denen massiv bewässert werden muss. Nimmt man die langen Transportwege dazu, zeigt dieses Beispiel, dass zumindest das wachsweiche europäische Bio-Siegel keine nachhaltige Landwirtschaft verlangt.
Erst wenn ein Bio-Bauer ganzheitlich ökologisch arbeitet, kann man von nachhaltiger Landwirtschaft sprechen. Vorbildliche Betriebe findet man in Irland. Hier generiert mancher Landwirt seine eigene Energie und selbst den Dieselkraftstoff aus eigenem Anbau und bindet Natur und Artenschutz mit ein. Von der Vogelschutzhecke bis zum Feuchtbiotop.
Nachhaltigkeit, was versteht man nun eigentlich darunter? Der “Rat für nachhaltige Entwicklung“, einberufen von der deutschen Bundesregierung, definiert den Begriff mit folgendem Kernsatz:
“Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.“
Das trifft es ziemlich genau. Zwischen den Zeilen steht, dass Wachstum somit Grenzen haben muss und nur das Zusammenwirken aller Nationen die Lebensqualität der Menschen global erhalten beziehungsweise erst schaffen kann.
Die Denkfabrik “Club of Rome“ erhob den legendären Spruch “Think global, act local“ zu ihrem Leitsatz. Der Club of Rome nimmt eine globale Perspektive ein und schlägt weltpolitische Lösungen für drängende Probleme vor. Sehr ehrenvoll. Angesichts der tagtäglichen politischen, wirtschaftlichen und menschlichen Tragödien müssen Idealisten verzweifeln.
Ein nachhaltiges Gastgewerbekonzept bietet sicher Wettbewerbsvorteile im hart umkämpften Markt und aktuell die Möglichkeit, sich positiv abzugrenzen und Sympathien auf sich zu lenken. Hier und da flackern ein paar spannende Konzepte auf. So das “Rub & Stub Spisehuset“ in Kopenhagen, das sich konkret gegen Lebensmittelverschwendung wendet. Natürlich werden keine Abfälle verarbeitet, aber eben die Produkte, die nicht schön genug für den normalen Verkauf sind. Misfits. Zu krumme Gurken, krüppelige Erdäpfel oder überschüssige Saisonware.
Aber wie schon gesagt, darf sich Nachhaltigkeit nicht auf den Food-Bereich beschränken. Ökonomisch muss ein solches Restaurant energieeffizient ausgelegt sein. Wenig Wasser und Strom verbrauchen, letzteren am besten selbst produzieren. Jalousien statt Klimaanlagen. Erdwärme statt Erdgas. Ökologisch ist, auf Abfallvermeidung zu achten. Abfalltrennung ist selbstverständlich. Einwegverpackungen und Einwegware gehen gar nicht. Naturtextil statt Papierhandtuch. Decken statt Heizpilz auf der Terrasse. Die Einrichtung ist aus heimischen Hölzern und natürlichen Textilien hergestellt. Nicht nur im Sanitärbereich findet man Recyclingpapier. Eingekauft wird vorzugsweise in der Region. Kaffee und Tee sind Fair Trade. Den Mitarbeitern bietet man Fahrräder als Transportmittel an und schafft eine sozial verträgliche angenehme Arbeitsatmosphäre. Aber es gibt noch so viel mehr zu beachten.
Auf der Chef-Sache am 17. und 18. September 2017 in Düsseldorf werden Duangporn Songvisava (Bo) & Dylan Jones (Lan) das nachhaltige Konzept ihres Restaurants „Bo.Lan“ in Bangkok vorstellen. Das Bo.Lan erzählt eine vorbildliche Geschichte; die eines Restaurants, das anstrebt der Umwelt keine schädlichen Treibhausgase und unnötige Abfälle zu hinterlassen. Zero Carbon – Zero Waste. Damit ist Bo.Lan Vorreiter einer Bewegung, die zwangsläufig zum Erhalt unserer Umwelt und somit unserer Lebensqualität kommen muss. Bo.Lan hat ein ganzes Bündel von Maßnahmen dazu entwickelt. Die Verwendung von Produkten aus dem Mikro- und Makrokosmos um das Restaurant ohne weite Transportwege und Verpackungen sind die Basis. Produkte die bäuerlich umweltneutral, biologisch und nachhaltig produziert werden. Freundliche Produkte, wie Bo sie nennt. Mit dem Projekt „ERD“ – Eat Responsibly Day – wenden sich die Chefs direkt an ihre Gäste. Die sollen lernen, jeden Tag mit Respekt vor dem Lebensmittel zu essen.
Ich würde mich freuen, auch einmal über ein solches Restaurant in Deutschland schreiben zu dürfen.
Und ich würde mich freuen ein solches Restaurant besuchen zu dürfen in Deutschland!
Aber vielleicht haben wir ja in Kopenhagen bald die Möglichkeit ein solchen Projekt besuchen zu können.
Schade dass auch hier nicht mehr Kommentare für solch eine nachhaltige Konzeption eines Restaurants stehen.
Danke und mehr davon.
Bernd Sautter