Twenty-Seven

Ich möchte mich mit Ihnen über das Alter unterhalten. Ja, Sie und ich, ganz ungezwungen. Ich kann mir vorstellen, was Sie jetzt in etwa denken mögen: „Was will uns der junge Hering denn über das Alter erzählen?“

Ich möchte von vorne beginnen. Ein wichtiger Geburtstag steht vor der Türe. Es ist kein runder Geburtstag, diese halte ich persönlich ohnehin selten für wirklich herausragend, sondern der siebenundzwanzigste. Das ist ein harter Brocken. Schon wieder kann ich mir vorstellen, was sie denken: „Möchte der sich jetzt schon über das Alter beschweren?“ Nein, natürlich nicht. Ohnehin bin ich der Meinung, dass wir eigentlich nicht wirklich älter werden, sondern, dass die Welt um uns herum einfach immer jünger wird. Ich bin also nicht alt und fühle mich auch keineswegs so. Wie kann ich mir aber erklären, dass mir jemand jüngeres, jemand, der gerade mit der Schule fertig ist, sein Handy hinhält, um mir eine App namens „Snapchat“ zu zeigen und ich völlig verständnislos mein eigenes, skeptisch und verunsichert dreinblickendes Spiegelbild auf dem Bildschirm erkenne, dass ein paar Hasenohren auf hat? Ohne eine Miene zu verziehen gebe ich ihm das Telefon zurück und versuche mir vorzustellen, was für eine unglaubliche Bereicherung meines Lebens dieses kleine Programm – am Rande bemerkt eines der am meisten installierten Handyprogramme überhaupt – doch eigentlich ist. Das ist die Zukunft – Halleluja. Und die Zukunft ist jetzt, alter Mann.

Plötzlich wird mir klar, dass ich mich wie meine eigenen Eltern anhöre, wie die „Oldies“, die noch Geld bezahlen mussten, damit sie zur Schule gehen durften, die kein Taschengeld bekommen haben, über eine Stunde Schulweg hinter sich bringen mussten, nassgeschwitzt in der Sonne, die früher heißer war oder im tiefen Winter bei 40 cm Neuschnee mit Galoschen und Pelzmütze. Es gab keine Handys und iPods (O-Ton: „Mobiltelefone und mp3-Spieler“), wenn man Unterhaltung haben wollte, ist man vor die Türe gegangen und wenn man etwas lernen wollte, nicht zur Uni (die hat es wohl auch noch nicht gegeben), sondern man hat sich ans Feuer gesetzt und den Alten zugehört. Und hat sie ohnehin viel öfter besucht.

Nun ja, die Zeiten ändern sich, womöglich verändern wir uns dadurch schlussendlich doch auch ein wenig. Erschrocken stelle ich fest, dass ich selbst dann und wann jüngeren Leuten erzähle, wie es bei mir früher war. Die Ausbildung war härter, das Geld knapper, aber für eine Mark zwanzig gab es eine pralle gemischte Tüte und zwei Sets Panini-Bildchen für das WM 98 Heftchen. Und sogar noch Rückgeld für das Sparschwein. Ehrlich!

Und dabei merke ich, dass das Älterwerden keineswegs das Problem ist, sondern der Gedanke, dass es früher besser war. Es gibt viele Dinge, die früher großartig waren, das Design von Automobilen, der Stil von Herrengarderobe, viele Umgangsformen, die heute in Vergessenheit geraten sind. Aber sind wir doch mal ehrlich; nur ein Narr würde ernsthaft behaupten, dass es uns je besser ging als heute. Ich habe glücklicherweise keinerlei Angst vor dem Älterwerden, ganz im Gegenteil. Ich merke jetzt schon, dass es mir eigentlich spaß macht, den jungen Leuten von „Früher” zu erzählen. Worauf warten wir also?

Früher gab es zum Geburtstag immer ein klassisches Kaffeekränzchen, richtig alte Schule, könnte man fast sagen. Das feine Geschirr wurde herausgeholt und die Verwandtschaft zu Benjamin Blümchen Torte und mit Dosenfrüchten belegten Biskuitböden eingeladen. Es gab einen Geschenketisch und Rod Stewart CDs im Hintergrund. Es klingt alles recht kitschig, das gebe ich gerne zu, aber irgendwie war es doch schön. An solchen Traditionen halte ich gerne fest, wenn ich ehrlich bin, obgleich sich auch gewisse Dinge verändern. Zum Guten, wohlgemerkt. Inzwischen muss es nämlich nicht immer nur bei Kaffee bleiben, der sich in unseren Tassen wiederfindet.

Twenty-SevenFür unseren Cocktail dieser Woche brauchen wir einen besonderen Korn. Zugegeben, den meisten von uns ist der Korn nur noch aus dem Herrengedeck oder anderen Alpträumen bekannt. Im Grunde ist das schade, ist der klassische Korn doch ein Stückweit deutsches Kulturgut. Dass der Edelkorn schon seit langem wieder groß im Kommen ist und eine gewisse Renaissance feiert, ist sicherlich nichts Neues, doch ist mir neulich einer in die Hände gefallen, der mir ganz besonders ans Herz gewachsen ist. Für unseren Cocktail ist dieser Korn allerdings ziemlich geschmacksgebend – also, wenn möglich dabei bleiben! Wir geben 4 cl davon in einen Cobbler Shaker, geben 2 cl des bereits fertigen Voelkel Cold Brew Kaffees dazu, 1 cl Schokoladenlikör, 1 cl Zuckersirup und einen Barlöffel Eiweißpulver. Mit der Strainerspirale machen wir einen kurzen und kräftigen Dry Shake. Wenn alles schaumig ist, entnehmen wir die Spirale, geben frische, klare Eiswürfel dazu und shaken kräftig kalt. Stilecht wird das Ganze in eine mit Crushed Eis gefüllte Tasse abgeseiht. Zur Garnitur geben wir einige getrocknete Kornblumenblüten darüber.

Ich muss lächeln, als ich mit meiner Familie am Kaffeetisch sitze. Die Leute um mich herum sind älter geworden, so wie ich natürlich auch. Man erzählt von früher, bei der ein oder anderen Geschichte schwing vielleicht etwas mit, von diesem Gedanken, dass es damals etwas besser war. Das nehme ich einfach so hin. Jede Zeit hat ihre Zeit, könnte man sagen. Und ich weiß, dass morgen ein neues Abenteuer auf mich wartet. Oder übermorgen.

Und erst recht im nächsten Jahr…
Ihr heilige Helge

Zutaten bei BOS FOOD zu bestellen: 4 cl Deicht Korn (Art. Nr. 51404) • 2 cl Voelkel Cold Brew Kaffee • 1 cl Habbel Chocolat Cru Liqueur (Art. Nr 22560) • 1 cl Zuckersirup (Art. Nr. 13137) • 1 BL Eiweißpulver (Art. Nr. 22452)

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