Christian Bau: Bau.Steine. Matthaes Verlag, Stuttgart 2018. 360 Seiten, 79,90 Euro

Als Christian Bau im Jahre 1998 auf Schloss Berg in Perl-Nennig Küchenchef wurde, galt er erst einmal längere Zeit als ein hervorragender Wohlfahrt-Schüler, der die Küche seines Meisters nicht wirklich wesentlich abwandelte. In seinem Buch „Innovation durch Tradition“ aus dem Jahre 2004 ist das auch durchaus dokumentiert. Es folgte eine Phase intensiver Bemühungen, ein stärker eigenes Profil zu gewinnen – mit einer modernisierten, aber noch nicht wirklich veränderten Küche – dokumentiert in seinem Buch „Einblicke“ aus dem Jahre 2008. Dann aber gab es – wesentlich von einem Besuch in Japan inspiriert – einen großen Umbruch mit der Hinwendung zu einer Art europäisch-japanischen Küche, bei der er in faszinierender Weise sein enormes handwerkliches Können und seine beeindruckenden geschmacklichen Visionen in Einklang brachte. Die FAZ-Gourmetvision, die er im Herbst 2011 präsentierte, wurde ein großer Erfolg. Bau entwickelte sich mit dieser Küche zu einem der am meisten kopierten und einflußreichsten Köche des Landes. In seinem Buch „bau.stil“ aus dem Jahre 2011 (von Thomas Ruhl gemacht) ist das bestens festgehalten.

Heute ist Christian Bau nach wie vor einer der besten und vor allem am perfektesten arbeitenden deutschen Köche, der allerdings international bisher nicht so wahrgenommen wird, wie man das vielleicht annehmen könnte. Um es einmal salopp auszudrücken: in dem Maße, wie sein ebenfalls asiatisch inspiriert kochender Kollege Tim Raue durch intensive Promotion international zu hoch bewertet wird, wird Christian Bau zu niedrig bewertet. Beiden gemeinsam ist, dass sie mit ihrer Arbeit nicht der weltweiten Entwicklung zu regional-authentischen Küchen entsprechen, die sich im wesentlichen mit den Produkten und kulinarischen Überlieferungen des jeweiligen Heimatlandes oder der jeweiligen Region befassen. Sie gehören insofern eher zu jenen Köchen, die eine Art freies Spiel mit Zutaten und Inspirationen praktizieren. Es ist dann auch logisch, dass man sich in „Bau.Steine“ vor allem auf fachliche Aspekte konzentriert und nicht – wie bei dem zuletzt besprochenen Buch von Mauro Colagreco – die Küche aus den Produkten und den Traditionen der Gegend/der Region herleitet.

Das Buch
Das umfangreiche Buch entwickelt sich rund um sieben Menüs mit jeweils acht Gängen. Die Rezepte dominieren das Buch ganz eindeutig. Bilder von Bau sind zurückhaltend eingestreut, und die „Reportagen“ genannten Zwischenstücke (Titel: „Baden“, „Paris“, „Tokio“, „Küche“, „Service“, „Freunde“ und „20 Jahre“) sind extrem knapp gehalten und liefern wenig zusätzliche Informationen. Ebenfalls eher karg sind ab und zu eingestreute Texte über die Gerichte von Christian Bau, die einen eher neutral-deskriptiven Rahmen kaum verlassen und oft auch für viele andere Köche und ihre Kreationen gelten könnten. Texte von Bau sind auffällig wenig zu finden. Auch das ist – unabhängig vom Stil der Küche – ein grosser Unterschied zu vielen Kochbüchern der letzten Zeit, in denen Köche sehr viel über sich und ihre Gedanken mitteilen.

Die Darstellung der Rezepturen ist übersichtlich, präzise und auch gestalterisch gut gemacht. Den Anfang macht jeweils das Menü in Wortlaut und Bildern. Es folgen die acht Gerichte zugehörigen Gänge in einer leicht veränderten, sehr sinnvollen Darstellung. Während es ja in den Restaurants im Moment häufiger vorkommt, Simplizität durch Nennung von drei Elementen vorzugeben, tatsächlich aber auch weiterhin komplex und mit vielen Elementen zu arbeiten, wird bei Bau die Vielfalt sofort klar benannt. Es gibt den Titel (z.B. Japanischer Stein- und Gemüsegarten“) mit den wichtigsten Elementen („Rohes & gepickeltes Gemüse, geeister Koriander, Ponzu“) und darunter eine oft umfangreiche Liste aller verwendeten Zubereitungen/Elemente (in diesem Falle 19 Elemente von Avocadocreme über Kimizu bis zu einer Yuzu-Miso-Ganache). Dann kommen die Rezepturen, die in ihrer oft erheblichen Komplexität den ganzen Erfindungsreichtum einer kochtechnisch hoch entwickelten, an meisterlicher Perfektion orientierten Küche zeigen. Bei diversen Rezepten gibt es auch noch kleine Abbildungen der Einzelelemente. Die Bilder der Gerichte folgen keinem festen Konzept. Meist ist die Blickrichtung die des Essers. Detailfotos sind nur ab und zu in kleinformatiger Form und offensichtlich eher aus dekorativen Gründen eingestreut.

Im Detail fällt vor allem auf, dass der Anteil asiatischer Aromen sehr unterschiedlich ist. Es gibt also durchaus Gerichte wie etwa das „Perlhuhn aus der Vendée“, wo sich der Anteil von Dashi und Co. darauf beschränkt, dem klassischen Konzept eine optimierte aromatische Farbe zu geben. Diese Gerichte (wie etwa auch das „Schulterscherzel mit Mais-Strukturen, Schwarzem Knoblauch und Zwiebel“ aus dem gleichen Menü) erinnern wegen der stärkeren Zentrierung auf das Hauptprodukt eher an die Arbeit französischer Großmeister, haben also so etwas wie eine fortgeschriebene Kreativität. Die asiatischen Inspirationen werden in diesem Falle stärker zu einem Mittel der Interpretation.

Andere Rezepte sind deutlicher asiatisch geprägt, zum Beispiel die schon berühmte „Japanische Gelbflossenmakrele als Sashimi mit Yuzukosho, Buttermilchdashi und Imperialkaviar“, natürlich „Memories of Japan“, die „Japanischen Momente“ oder der „Japanische Schneeball“. Neben stärker produktzentrierten Gerichten, bei denen die Beilagen eher minimalistisch gehalten sind („Ikejime-Saibling mit Kräuter, Kohlrabi und Meerrettich“) gibt es auch jene Gerichte, die mit ihren diversen Elementen bei Bau für eine feines Spiel sorgen („Lamm – Aubergine, Paprika, M’Hamsa, schwarzer Knoblauch“), bei Bau’s vielen Kopisten aber schon mal ins eher sinnlose abgleiten. Die Rezeptbeschreibungen sind klar und wie üblich ein riesiger Fundus an Einzelzubereitungen, die sich bisweilen durchaus auch für Laien eignen.

Fazit
Als Kochbuch im engeren Sinne ist dieses Buch natürlich sehr gut und zeigt in aller Klarheit, wie man arbeiten muss, um in diesem beliebten Fach exzellente Ergebnisse zu erzielen. Was bedauerlicherweise fehlt, sind Ausführungen von Bau zu den Gerichten – vielleicht in Form kleiner Interviews, die die Motivation für die Gerichte und den kreativen Prozess deutlich machen und durchaus auch einigen Details der Zubereitung nachgehen. Da sollten die Verlage auch einmal an den Leser denken und den Kernbereich der Kommunikation von Rezepturen und Kochtechnik klarer transparent machen. Es geht schließlich nicht um Kopieren, sondern um Verstehen.
Dass das Buch in jedem Falle drei grüne BBB bekommen muss, hat auch etwas damit zu tun, dass es den vielen Discounter-Büchern aus der Hand diverser „populärer“ TV-Köche und AutorInnen haushoch überlegen ist.

Das Buch bekommt 3 grüne BBB

1 Gedanke zu „Christian Bau: Bau.Steine. Matthaes Verlag, Stuttgart 2018. 360 Seiten, 79,90 Euro“

  1. vielleicht sollte man sich mit den asiatica in der deutschen spitzenküche mal detaillierter beschäftigen. meiner grob vereinfachenden laienmeinung nach liegt der erfolg raues küche vielleicht auch in einem sehr eklektizistischen, stark popularisierenden verständnis und ausführung „asiatischer“ küche, der sich nur grob am melting pot hong kong orientiert denn eine asiatische regionalküche wiedergibt. raue liefert mit mitteln und produkten der spitzenküche geschmacksbilder , die jeder kennt, als “ exotisch“ einordnen kann und ohne grosse intelektuelle anstrengung konsumieren kann. also als typisch empfundene aromatisierung durch einen asiatischen mischgeschmack, deutliche schärfe;plakativität auf sehr hohem technischen niveau. baus küche empfinde ich als ästhetischer, intelektuell fordernder und konzentrierter. sie verlangt dem esser deutlich mehr ab- offenheit für das carte blance , respekt vor spitzenprodukten denn deren süffig-ungehemmten konsum, konzentration ; bietet aber in meinen augen umso viel mehr.

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