Das Buch kommt, der Koch geht. Paul Stradners „Grande Cuisine“

Grande Cuisine Matthaes-Verlag

Paul Stradner: Grande Cuisine. Matthaes-Verlag, Stuttgart 2017. 280 Seiten, gebunden, 69,90 Euro

Information
Gerade eben ist sein Buch erschienen, da kommt quasi parallel die Meldung, dass Paul Stradner, Chefkoch im Gourmetrestaurant von „Brenner’s Park Hotel“ in Baden-Baden, im Oktober in die „Villa Lalique“ zu Jean-Georges Klein wechselt. Eigentlich müsste man sagen: „zurückkehrt“, weil Stradner nach seiner Zeit bei Harald Wohlfahrt (2002 bis 2009) von 2009–2012 schon einmal bei Klein (damals noch in der „L’Arnsbourg“ in Baerenthal) gearbeitet hat. Ex-Drei Sterne-Koch Klein und Stradner wollen – so eine französische Quelle – ein Gespann bilden, das den dritten Stern für die luxuriöse „Villa Lalique“ holen soll. Insofern hat „Grande Cuisine“ etwas von einer Dokumentation der Arbeit eines hochtalentierten Kochs an seinem ersten Platz als verantwortlicher Küchenchef.

Das Buch
Der französische Titel „Grande Cuisine“ deutet schon auf den Inhalt hin, also auf eine Küche, die eigentlich in dieser Form vor allem in Deutschland zu finden ist, ihre Wurzeln aber in der französischen Spitzenküche hat. Sie entwickelte sich vor allem seit den 80er Jahren und hat ihren Hauptvertreter in Harald Wohlfahrt – dessen Schüler/Mitarbeiter Stradner lange Jahre war (s.o.). Zur Erinnerung: die „Schwarzwaldstube“ in der „Traube Tonbach“ hatte früher Feines von der Jumbo-Wachtelden Beinamen „Französisches Restaurant“. Das Buch ist in die Kapitel „Amuse Bouche“, „Frühling“, „Sommer“, Herbst“, „Winter“ und „Friandise“ gegliedert, in denen jeweils ein „Menü Paul Stradner“, ein „Vital Menü“ und ein „Vegetarisches Menü“ präsentiert wird. In klassischer Aufmachung (eine Seite Bild, eine Seite Rezept) gibt es detailliert und grammgenau beschriebene Rezepte. Die Anrichteform erinnert dabei bisweilen an Michel Bras und seine einzeln ausgelegten Elemente, die eine klare sensorische Trennung signalisieren. So, wie in den einleitenden Texten die Idee des Grandhotels eine wichtige Rolle spielt, bewegen sich auch die Rezepte im Bereich der von den Produkten und vom Handwerk her aufwändigen Küche großer Luxushotels. Es gibt z.B. „Feines von der Jumbo-Wachtel mit Kichererbsencreme, Gemüse, Joghurt, Keulenragout und Raz-el-Hanout“, eine vegetarische „Gegrillte Mini-Aubergine mit Burrata, Auberginenpüree, Honig-Cocktailtomate, Essigschalotten, Edamame und Bohnenkraut-Vinaigrette“, eine „Gebratene Gegrillte Mini-Aubergine mit Burrataund roh marinierte Languste mit Staudenselleriegelee, Mango, eingelegter Klettenwurzel und Korianderkresse“, oder die „Wildenete von Jean Claude Mièral mit Süßkartoffel, Apfel, Pfefferlack und Zitronengrasschaum“. Die Zubereitungen sind oft komplex und dokumentieren die Arbeit Stradners im „Brenner’s“, sind also nicht auf ein anderes Niveau heruntergebrochen.

Einordnung
Die Neo-Klassische Herkunft der Rezepte ist unübersehbar, Spuren aktueller kulinarischer Trends finden sich also nur in sehr begrenztem Umfang. Dafür ist der Zusammenhang mit der exquisit-ausgereiften Küche von Harald Wohlfahrt unübersehbar. Stradner zeigt sozusagen, dass – quasi unmittelbar nach dem Rücktritt von Wohlfahrt – die Küche des Meisters auch in ihm eine klare Fortsetzung findet. Einflüsse seiner ersten Arbeitsphase bei Jean-Georges Klein sind dafür eher gering. Interessant ist da, was Klein am Ende seines Widmungstextes zu Stradner schreibt. Zitat: „Ich weiß, das Paul seinen Stil noch weiter entwickeln wird ….“. Das Buch ist als Dokument seiner Arbeit im „Brenner’s“ und als Dokument eines hoch entwickelten, stark handwerklich geprägten Stils natürlich einerseits sehr zuverlässig, wird also vor allem als Anregungen für jene Köche gelten können, die in eine ähnlich Richtung arbeiten wollen. Neues und weiter gehende Anregungen finden sich andererseits eher wenig, weil Stradner z.B. ungewöhnliche Aromen oder Variationen von Aggregatzuständen (Texturen, Temperaturen, Kontraste) stark in das dominante, eher mild-harmonische Geschmacksbild der Rezepte dieses Buches integriert. Insofern versteht man auch ohne weiteres Jean-Georges Klein und kann sich vorstellen, dass Stradner von dieser handwerklichen Perfektion her den Weg in neue Ideen sinnvoll angehen kann.

Bewertung: Das Buch bekommt ein grünes B.

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