Andreas Hoppe: Das Sizilien-Kochbuch. Südwest-Verlag/Random House, München 2017. 192 S., Hardcover, 24,99 Euro
Information
Kurz vor Ausstrahlung seiner letzten Folge als Tatort-Kommissar mit Ulrike Folkerts/Lena Odenthal veröffentlicht Schauspieler Andreas Hoppe „Das Sizilien-Kochbuch“. Die „Versuchsaufstellung“ ist dabei ein wenig verwirrend. Hoppe folgt sozusagen den Spuren von Mario Kopper, dem man – ohne weiteres glaubhaft – eine halb-italienische Biographie gegeben hat. Hoppe ist auch persönlich sehr an italienischem Essen interessiert und kocht auch selber. Die Rezepte und Fotos aber sind nicht von ihm, sondern von Cettina Vicenzino, die wiederum zwar aus Sizilien stammt, aber schon als Kleinkind nach Deutschland kam. Insofern hat das Buch, das nicht nur aus Rezepten, sondern aus sehr schön atmosphärischen Schilderungen des 1960 geborenen Kopper-Darstellers Hoppe besteht, einerseits komplex verwobene Realitätsebenen, die aber – andererseits – angesichts der schieren Überzeugungskraft der Realität prächtig geerdet werden.
Das Buch
In dem süffig-südländisch bebilderten Buch geht es um zwei Dinge, und zwar die Reise nach Sizilien und die lokalen Rezepte, die zum Teil Bearbeitungen der Rezepte von lokalen Köchinnen und Köchen sind. Gegliedert sind sie nicht nach Jahreszeiten oder Produkten, sondern nach Orten, die dann mit Erzählungen von Hoppe verknüpft werden. Die Kapitel haben Namen wie „Ankommen – Syrakus“, „Tanz auf dem Vulkan – Randazzo“ oder „Liebe – Marzamemi“ (Hoppe ist dort von einer jungen Sizilianerin – sagen wir: schwer beeindruckt). Die Rezepte und ihre Bilder sind immer etwas rustikal gehalten, wirken immer süffig und sind nicht besonders kompliziert – eine Familienküche eben.
Es gibt z.B. „Pasta mit Ricotta, Birnen und Walnüssen“, einen „Kichererbsensalat“, „Gratinierte Miesmuscheln“, „Frittierten Mozzarella“ oder „Kaffeepudding“. Die verwendeten Produkte sind so ausgewählt, daß man die Rezepte auch hier bei uns realisieren kann – zumindest auf den ersten Blick. Über die möglicherweise komplett andersartigen Produktqualitäten in Sizilien wird nicht reflektiert, und regionale Produktspezialitäten werden – natürlich muss man schon sagen – weitgehend ausgespart.
Aber – geht es in diesem Buch wirklich ums Kochen? Nein, es geht eher ums Essen, den Genuss und alles drum herum. Das „Sizilien-Kochbuch“ ist kein Kochbuch, sondern ein Essbuch. Das wirklich Spezifische sind die vielen kleinen Geschichten von Andreas Hoppe in Verbindung mit Bildern, die ihn mehr oder weniger in einer Rolle zeigen (auch wenn sie ihm anscheinend wirklich auf den Leib geschneidert ist).
Wie er sich dort zeigt und bewegt erinnert er an eine Filmfigur aus alten italienischen Filmen, irgendwie ein bisschen 1950er oder 60er Jahre, dazu mit einer eher literarischen Sensibilität und so viel Gefühl, wie man es nur haben kann, wenn man sich komplett mit einer Sache identifiziert und Anderes mit sehr viel Distanz sieht. Zitat: „Ich liebe den kleinen Hafen mit den historischen und altertümlichen Booten, die von einer anderen Zeit erzählen. Statt metallverspiegelter Jachten, der Macht geweiht, mit Großspurigkeit im Sinn für die Schlacht der Eitelkeiten, welch Unsinn.“
Vor allem aber ist alles nah am Essen, das immer etwas mit Freunden und Geselligkeit und Tischen in der Sonne und einer Sicht auf die Welt zu tun hat, die reifen lässt, die bewahrt, die überhaupt nicht abgelenkt erscheint und einen Alltag voller Freuden kennt.
Fazit
Im Moment scheint es bei den Verlagen eine Art Italien-Welle zu geben, weil es eine auffällig große Anzahl von Kochbüchern über Italien und vor allem die einzelnen Provinzen gibt. Qualitativ sind sie sich – was die Rezepte angeht – meist sehr ähnlich und eher unspezifisch als spezifisch. Das, was man im berühmten Slow Food-Führer „Osterie d’Italia“ an Spezialitäten der Restaurants in den einzelnen Regionen auflistet, wird man in diesen Büchern nicht finden. Diese Unschärfe hinsichtlich der verwendeten Produkte, Zubereitungen und Spezialitäten sollte man sich immer vor Augen halten. Die Bücher sind auch dann eher emotional gefärbte Essbücher, wenn sie fast nur aus Rezepten und Bildern bestehen. Es ist vor allem der „konnotative Inhalt“, der zählt, in diesem Falle also das, was an Impressionen und Emotionen transportiert wird. Das Buch von Andreas Hoppe fällt auf, weil es das ganz besonders gut macht und den Leser wirklich mitnehmen kann.
Das Buch bekommt 1 grünes B
Fotos © Cettina Vicenzino
Weitere empfehlenswerte Bücher aus neuerer Zeit sind:
– Daniela und Felix Partenzi: So kocht Umbrien. Gerichte und Geschichten von Tanten und Typen aus Italiens Mitte. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2017. 192 S., geb., Hardcover, 26,00 Euro
– Emiko Davies: Florenz. Das Kochbuch. Dorling Kindersley Verlag, München 2017. 256 S., geb., Hardcover, 26,95 Euro
– Katie und Giancarlo Caldesi: Sizilien. Genießen wie auf Italiens sonnigster Insel. Gräfe und Unzer Verlag, München 2017. 272 S., geb., Hardcover, 29,99 Euro
– Tara Stevens: Neapel und die Amalfiküste. Das Kochbuch. Phaidon/Edel Verlag, Hamburg 2017. 272 S., geb., Hardcover, 29,95 Euro