Robert Mondavis in Whisky-Fässern gereifter Wein: Muss das sein?

Selbstverständlich kann jeder seinen Wein nach Belieben panschen, ihn mit Säften versetzen, eine eigene Cuvée herstellen, meinetwegen auch mit Kalbsfond anreichern oder den Beerenanteil mit Johannisbeersirup erhöhen. Wir leben in einer freien Gesellschaft und insofern ist alles erlaubt, was nicht verboten ist. Meine schweren Bedenken gegen das, was Robert Mondavi da gerade anbietet, sind also nur eine Meinung, die eine Art Reinheitsgebot im Hinterkopf hat: Ich frage mich, ob ein in dieser Form behandelter Wein im Vergleich zu „normalen“ Weinen irgendeinen Fortschritt bringt, oder ob das nicht der Fall ist. Natürlich könnte man – ganz detailliert gedacht – auch fragen, ob ein Wein in neuen Eichenholz-Fässern auch schon nicht mehr puristisch ist, und dann gleich weiterdenken und auch den Ausbau in gebrauchten Fässern für eine Manipulation halten. Da diese Traditionen aber seit Urzeiten unser Bild vom Wein bestimmen, möchte ich sie hier nicht hinterfragen, sondern als Grundlage beibehalten.

Was also macht Mondavi mit diesen Weinen?

Robert Mondavi private Selection, Aged in Bourbon-Barrels, Cabernet Sauvignon, Monterey County 2018. Alkoholgehalt 14,5 %
Der Wein wird für „mindestens 3 Monate“ in Fässern gereift, in denen sich vorher Bourbon-Whisky befand. – Ich habe mir die Beschreibungen des Weines bei verschiedenen Weinhändlern angesehen und musste feststellen, dass man offensichtlich die Beschreibungen von seiten des Hauses Mondavi benutzt – so, wie sie auch auf der Rückseite der Flasche zu finden sind und in den meisten Fällen noch keine eigenen Degustationsnotizen vorliegen hat. Es kann natürlich auch nicht im Sinne eines Weingeschäftes sein, gegebenenfalls Notizen zu veröffentlichen, die in irgendeiner Weise kritisch sind.

Der Wein ist ein „Nasenwein“. Wenn man oberflächlich am Glas riecht, wirkt er erst einmal sehr fruchtig, wenn man den Wein im Glas bewegt, wird dieser Eindruck wie üblich sogar noch etwas deutlicher. Von Whisky ist in der Nase noch wenig vorhanden und es gibt einen Hauch von Idee, wie die Whisky-Aromen die Weinaromen anreichern könnten. Am Gaumen ändert sich das Bild schlagartig. Nach einem sehr kurzen Aufscheinen der Fruchtnoten schlägt das Whisky-Aroma voll durch und dominiert das Geschmacksbild eindeutig. Dieser Eindruck verstärkt sich im Verlauf der Degustation immer weiter – vielleicht auch deshalb, weil man sich ganz automatisch auf die Whisky-Noten konzentriert. Das Endergebnis ist katastrophal, weil der Wein unprofessionell wirkt. Man ahnt, dass es da Zusammenhänge geben könnte, man ahnt die Idee und kann sich gerade deshalb über dieses penentrante, unausgewogene Geschmacksbild nur wundern. Der Fehler liegt nicht zuletzt darin, dass man bei Mondavi wohl die Wirkung des assoziativen Kontextes nicht richtig eingeschätzt hat. Wenn ein Weintrinker einmal beim Whisky-Aroma gelandet ist, wird er es selbst dann vordergründig bemerken, wenn es objektiv vielleicht gar nicht so dominant ist. Nach der Degustation des Chardonnays (siehe unten) ist aber klar, dass der Rotwein nicht nur schwächer, sondern schwach ist. Ob man in diese Richtung experimentieren muss, scheint mir zweifelhaft. Die Anreicherung der Cabernet-Noten in die Tiefe durch Konzentration und intelligenten Holzeinsatz – gerade bei den großen kalifornischen Rotweinen – ist da alternativlos. Mit einem solchen Produkt, das man wegen seiner Penetranz gar nicht mehr anrühren möchte, erreicht man höchstens einen Markt von Nicht-Kennern.

Der Chardonnay aus der gleichen Linie, mit der gleichen Herkunft und dem gleichen Alkoholgehalt
Beim Chardonnay liegt die Sache etwas anders. Während beim Cabernet die Erweiterung der Wein-Aromen durch die Whisky-Aromen in dieser Form kaum sinnvoll erscheint, geht es beim Chardonnay zunächst einmal ganz klar in Richtung Aufwertung. Die Balance ist offensichtlich besser getroffen. Schon in der Nase gib es den Eindruck, dass die „Zutat“ eine ist, die den Wein in Richtung großer, gut gereifter weißer Burgunder bringt – nicht sehr weit, aber ein Stückchen. Der beim Cabernet krasse Gegensatz zwischen Nase und Gaumen ist hier nicht sehr deutlich, so dass der Eindruck, einen ordentlichen Chardonnay zu trinken, erst einmal erhalten bleibt. Auch mit der Erinnerung an den schwachen Cabernet wird das nicht unbedingt schlechter, weil die Balance auch am Gaumen stabiler ist. Was dann aber nach den ersten Schlucken kommt, ist eine gewisse Künstlichkeit im Hintergrund, die man partout nicht mehr aus dem Kopf bekommt, und die im Verlauf der Degustation stärker wird. Weil man die Whisky-Noten hier nicht identifizieren kann, bekommt man eher deren Nebennoten, und diese Nebennoten stören vor allem Abgang und Nachhall des Chardonnays. Auch dieser Wein gefällt daher nicht – wird aber unter Umständen erfolgreicher als der Cabernet werden.

Fotos © Robert Mondavi

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