The Garden Chef. Recipes and Stories from Plant to Plate. Phaidon Press, London und New York 2019. 256 S., geb., Flexcover, 35 Euro (in englischer Sprache)

The Garden ChefIm Moment (und auch im Herbst, das kann ich anhand der Verlagsprogramme schon sagen) kommen eine ganze Reihe sehr guter kulinarischer Bücher auf den Markt. In diesem Falle ist es wieder der Phaidon-Verlag, der eine wichtige Synergie nutzt: weil man sich vorwiegend im angelsächsisch-englischsprachigen Bereich der Welt betätigt, hat man auch vergleichsweise unproblematisch Zugang zu einer ganzen Reihe von weltweiten Informationen. Das führt zu Büchern mit einem internationalen Inhalt wie diesem Buch, in dem es um meist international bekannte Köche mit interessanten, eigenen Gartenanlagen geht. Durch den weltweiten Zugriff wird deutlich, ein wie wichtiges Thema die eigenen Gärten heute vor allem für kreative Köche geworden sind. Es wird aber auch deutlich, auf welch hohem Niveau international mit Gemüse aus dem eigenen Anbau mittlerweile gearbeitet wird. Wer selber anbaut hat offensichtlich die Tendenz, sich auch zum Beispiel um originelle Pflanzen zu kümmern und ihr ganzes Potential auszuschöpfen. Es geht also nicht nur darum, Karotten, Lauch und Co. aus Gründen der Frische und aus ökonomischen Gründen selber zu erzeugen, statt sie in Großmarkt oder Großhandel zu kaufen. Der eigene Garten bringt für Köche einen neuen Horizont.

Das Buch
Die erste Frage, die sich bei diesem interessanten Werk stellt, ist unweigerlich die nach der Auswahl/der Vollständigkeit der Köche-Liste. Vertreten sind 40 Köche. Zum Beispiel Magnus Nilsson vom „Fäviken“, Dan Hunter vom „Brae“ (siehe meine Rezension hier auf EDT), César Troisgros, Sohn der berühmten Koch-Dynastie, Alice Waters vom „Chez Panisse“, Gaston Acurio und Juan David Ocampo von „Astrid Y Gaston“, Andoni Luis Aduriz vom „Mugaritz“, Eneko Atxa vom „Azurmendi“, Michel und Sebastien Bras vom „Le Suquet“, Mauro Colagreco vom „Mirazur“, Peter Gilmore vom „Quay“ oder Alexandre Gauthier vom „La Grénouillère“. Deutsche Köche fehlen, ebenso wie etwa zwei französische Giganten der Zunft, die schon seit vielen Jahren mit riesigen Gärten arbeiten, Alain Passard vom „L’Arpège“ und Arnaud Arnal vom „La Chassagnette“ in der Camargue.

Im Detail bekommt jede Adresse 6 Seiten. Der besondere „Gag“ ist, dass die Köche ihr Konzept auf einer dicht bedruckten Seite selber vorstellen, ergänzt von „Garden Tips“ und natürlich einem oder mehreren Rezepten. Die Vorstellung des Konzeptes und der Beweggründe für die Anlage eines Gartens (oder auch nur von einer Batterie von Hochbeeten auf einem Dach mitten in der Stadt) ist natürlich besonders für jene Leser interessant, die mit ähnlichen Gedanken spielen. Bei den Rezepten gibt es viel Glanz und fortgeschrittene Gemüseküche. Von Ben Shewry vom „Attica“ etwa glasig durchkonfierte „Chewy Carrots“. Aus dem „Chez Panisse“ kommen „Kandierte Rosenblätter“, vom „Mirazur“ „Grüne Bohnen, Kirschen und Pistazien“ und von Enrico Crippa ein spektakulärer „Eier und Eier-Salat“. Gauthier zeigt deutlich, dass er vielleicht am weitesten fortgeschritten ist, etwa mit seiner „Gemüse-Anemone“ oder „Rhabarber und Acker-Winde“. Das Buch ist mit 80 Rezepten eine Fundgrube der besonderen Art, weil das Spektrum eben von den diversen Salaten über Variationen zu populären Gerichten („White and green Pizza“/“Roberta’s/Blanca“ in New York) bis zur Arbeit mit autochthonen Gemüsesorten reicht.

Fazit
Was die Auswahl und ihre Lücken betrifft, muss man natürlich zugestehen, dass man einfach nicht alles gleichzeitig haben kann. Dennoch: wenn schon ein solches Buch möglich ist, kann man vielleicht auch darüber nachdenken, wie man als großer Verlag noch perfekter werden könnte. Wenn man internationale Kommissare einsetzen würde, die jeweils für einen bestimmten Bereich der Welt zuständig wären, könnte man die Basis an Informationen zweifellos noch weiter erhöhen. Daraus vielleicht entstehende „Weltkochbücher“ wären in Zukunft vielleicht gerade wegen Bedeutung der Online-Informationen eine große Sache. Bei Phaidon (oder auch Taschen) scheint man davon nicht weit entfernt zu sein.
Das Buch ist natürlich kein intensives Kochbuch eines kreativen Großmeisters und kein Werk mit lexikalischem Anspruch wie das von Ferran Adriàs Bullipedia. Insofern ist die Freude groß, dass es so etwas gibt, die Bewertung aber nicht maximal. Dennoch ist „The Garden Chef“ sehr empfehlenswert.

Das Buch bekommt 2 grüne BB

Fotos: Phaidon-Verlag

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