Wissler – Michelin, Folge 2. Die Analyse

Hier nun eine detailliertere Analyse der Dinge rund um die Abwertung von Joachim Wissler vom „Vendôme“ in Bensberg von drei auf zwei Sterne. Vorab möchte ich mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, wie oft in der Presse lediglich eine dpa-Meldung zum Thema als Quelle benutzt wurde und wie wenig eigene Recherche erkennbar wurde. Viele Medien haben die Entscheidung von Michelin offensichtlich unkritisch hingenommen und insofern journalistische Schwächen gezeigt. Natürlich kann es sein, dass sie den Fall Wissler überhaupt nicht einordnen können, weil sie nicht über eigene Erfahrungen verfügen. Als Journalist muss ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass man bei Michelin mit exakt solchen Reaktionen durchaus rechnen wird: man geht von einem Wissensvorsprung aus (oder behauptet ihn zumindest) und rechnet nicht mit ernsthaftem Gegenwind. Dass ein angenommener „Wissensvorsprung“ sowohl aus banalem Faktenwissen wie aus kenntnisreichen Überlegungen bestehen kann und man die Gewichtung zwischen dieses beiden als „Black Box Phänomen“ einordnen muss, wird und wurde jedenfalls in der Presse quasi nicht reflektiert. Für betroffene Köche ist so etwas natürlich enttäuschend: sie sind nicht nur bisweilen als willkürlich eingestuften Bewertungen ausgesetzt, sondern haben auch keine kritische Unterstützung.

 

Vorab: Sagt der Guide Michelin seinen Lesern nicht die Wahrheit?

Die Bemerkung des Chefredakteurs, man habe bei Joachim Wissler schon in den letzten Jahren zunehmend Schwächen bemerkt, muss in Bezug auf die veröffentlichte Bewertung verwundern. Hat man bei Michelin Wissler für nicht mehr 3-Sterne-würdig gehalten und dann trotzdem drei Sterne gegeben? Es wird also eine größere Anzahl von Gästen geben, die begeistert bei Wissler gegessen haben und sich heute dann nach den unbedachten Äußerungen des Chefredakteurs die Frage stellen müssen, ob sie da Irgendetwas nicht mitbekommen haben oder ihre Fähigkeit zur Einordnung der Qualitäten etwa nicht genug entwickelt ist. Apropos „drei Jahre“: Wieviel von diesen drei Jahren konnte man wegen Corona überhaupt nicht zum Testen nutzen? – Nun aber an die Hauptsache.

 

Die Kriterien beim Wort nehmen

Ich zitiere aus dem Guide Michelin, Ausführungen hinsichtlich der Qualität einer Küche:

„..ganz unabhängig vom Stil erwarten wir immer das Gleiche: beste Produktqualität, Know-How des Küchenchefs, Originalität der Gerichte sowie Beständigkeit auf Dauer und über die gesamte Speisekarte hinweg.“

Eine solche Formulierung, die als Grundlage für die Bewertung angesehen werden muss, hat so erhebliche Unklarheiten und Schwächen, dass sie quasi ohne Bedeutung ist. Sie offenbart nicht nur, dass man bei Michelin nicht gut mit der deutschen Sprache umgehen kann, sondern steht in Teilen auch in einem offenen Widerspruch zu den Bewertungen.

Wenn man ständig beste Produktqualität erwartet, dürfte man einem großen Teil der Sternerestaurants keinen Stern geben. Beste Produktqualitäten sind äußerst selten und können kein Maßstab für jede Küche sein. Es ist bizarr, dass man wenig später im Text bei der Begründung der drei Michelin-Sterne sozusagen zurückrudert und nur noch „erstklassige Produkte“ erwartet. Diesem Begriff könnte man zustimmen, nicht aber dem von „bester“ Produktqualität. Joachim Wissler verfügt immer über erstklassige Produktqualitäten.

Die Formulierung „Know-How des Küchenchefs“ ist eine Banalität, die ohne weitere Füllung keine Aussagekraft hat. Was soll er kennen und können? Alle aktuellen und vergangenen Kochtechniken? Molekularküche? Nordische Küchentechniken? Sucht man gute Garungen? Eine saubere Produktvorbereitung? Oder einfach „gutes Handwerk“ in einem eher landläufigen Sinne? Das wäre plausibel, erschöpft sich aber schnell, wenn man wirklich an den State-of-the-Art denkt. Joachim Wissler ist nach wie vor in Deutschland eine Referenzgröße für Kochtechnik. Seit vielen Jahren schon werden ehemalige Mitarbeiter seiner Küche als „der kommt von Wissler“ o.ä. qualifiziert, und jeder Beteiligte weiß, was damit gemeint ist. Hier gibt es die härteste handwerkliche Schule, und zwar bei weitem nicht nur auf klassische Aspekte bezogen.

Was die „Originalität der Gerichte“ angeht, möchte man gerne zustimmen, wird dann aber kaum jemals fündig. Bis hinein in den Drei Sterne-Bereich scheint es Michelin wichtiger zu sein, dass eine Art Michelin-Küche bedient wird, die sich – in meinen Augen ein sehr typisches Merkmal – eher über Copy and Paste fortpflanzt denn über Originalität. Außerdem hat die Formulierung abermals ein unlogisches Moment: wenn man „Beständigkeit“ nicht nur als handwerkliche Qualität versteht, steht „Originalität“ im Gegensatz zu „Beständigkeit“ als Gleichförmigkeit. Wie sollen sich die Gerichte ähneln, um im Sinne von Michelin beständig zu sein? Dürfen sie originell sein oder dann doch wieder nicht?

 

 

 Das Kriterium Beständigkeit

Der Aspekt der Beständigkeit lohnt eine ausführliche Betrachtung, weil man hier offensichtlich bei Michelin die Arbeit eines Kochs auch jenseits des Handwerks im Auge hat. In der FAZ wird der Michelin Chefredakteur zitiert. Es ist die Rede davon, dass man „seit einigen Jahren ein kontinuierliches Sinken des Niveaus und eine Verzettelung des Küchenstils festgestellt“ habe. Ein etwaiges „Sinken des Niveaus“ im handwerklichen Bereich muss man bei Wissler – siehe oben – grundsätzlich verneinen. Als handwerkliche Referenzgröße glänzt er immer wieder gerade dadurch, dass er selbst in kleinsten Details ein perfektes Handwerk erkennen lässt. Auch bei meinem letzten Besuch im November hat sich das wieder klar bestätigt. Auch meine weiteren Quellen sehen diesen Aspekt grundsätzlich und auf höchstem Niveau als stabil an. Wissler selber ist über diesen auch in seinen Augen völlig indiskutablen Punkt geradezu erbost und schließt handwerkliche Schwächen komplett aus.

Die angebliche „Verzettelung des Küchenstils“ ist eine Formulierung, die unabhängig von der konkreten Füllung unbedingt diskutiert werden muss. Um von einer „Verzettelung“ zu reden, muss man ein Bild davon haben, wann etwas nicht verzettelt ist. Wissler muss also bei den Michelin-Leuten von einem zum anderen Besuch (oder auch über einen längeren Zeitraum) eine Art Abweichung von dem produziert haben, was man für nicht verzettelt hält. Hier stellt sich erst einmal die grundsätzliche Frage, ob ein Führer nicht ausschließlich das zu bewerten hat, was präsentiert wird, und nicht darüber zu befinden hat, ob ein Koch in seiner Arbeit stilistisch fortschreitet oder auch variiert. Es wäre dem Guide unbenommen, in seinen Texten stilistische Fragen zu benennen. Wenn man darauf bestehen sollte, auch für die Stilistik zuständig zu sein, käme man allerdings in den Bereich eines normativen Systems, das nur durchsetzen will, was es für richtig hält und insofern nicht in der Lage ist, dem zu folgen und das zu verstehen, was real existiert und sich entwickelt. Ob ein Koch in einem Jahr klassisch und im nächsten Nova Regio kocht, ob er innerhalb eines Menüs verschiedene Stile anwendet oder was auch immer: wenn die Qualität hervorragend ist, muss man das benennen und bewerten. Punkt.

 

 

Der Übergriff in stilistische Aspekte: Bei Michelin hat man den aktuellen Wissler-Stil nicht verstanden. Weil aber auch andere Drei Sterne-Köche in diese Richtung denken, wird man da noch Probleme bekommen

Wissler hat sich nicht „verzettelt“, sondern im Laufe seiner rund 20 Jahre im „Vendôme“ verschiedene „Werkphasen“ gezeigt (so würde man das in anderen Künsten nennen). Nach relativ kurzer Zeit hatte man bei Michelin erkannt, dass seine Arbeit mit drei Sternen geehrt werden muss. Während Wissler seinen Stil dieser Zeit einige Jahre weiter ausgebaut hatte, ist er dann weiter gegangen, zu neuen Ideen, die er aber immer und ausschließlich mit der gleichen Akribie betrieben hat. Dazu eine kleine Anekdote. Als Wissler seinen dritten Stern bekam, habe ich ihn angerufen und ihm gesagt, das wäre ja alles ganz wunderbar, dann könne er ja jetzt entspannen und anfangen „richtig zu kochen“. Wissler hat den „trockenen“ Inhalt dieser scherzhaften Bemerkung sofort verstanden: die Fixierung auf den dritten Stern hat auch immer etwas damit zu tun, dass man meint, bestimmte Dinge machen zu müssen, die zu dieser Auszeichnung führen. Michelin hat sich da in diese Werkphase eingeklingt und scheint vom „frühen Wissler“ nicht mehr losgekommen zu sein. Es scheint bei Ihnen ein Bild dieses Koches entstanden zu sein, dass sie belohnen, wenn es bleibt und eben heute bestrafen, wenn es sich geändert hat. Nur – Wissler hat sich gleich mehrfach „gehäutet“ und ist seinen Reflektionen über die Küche weiter gefolgt. Er hat sich – und das wissen die Kenner seiner Küche – mitnichten von seinen Qualitäten entfernt, aber anscheinend eine Distanz zu Michelin erzeugt, die jetzt sanktioniert wurde.

Im Zusammenhang aller genannten Punkte kann man nur zu dem Schluss kommen, dass man bei Michelin die Entwicklung Wisslers nicht verstanden hat, weil man nicht präzise die Arbeit eines Guides tut, sondern mehr die Erfüllung von Vorstellungen überprüft. Der aktuelle Wissler-Stil ist hochinteressant und eine wesentliche Weiterentwicklung der Spitzenküche hin zu einem Stil, der insofern zugänglicher ist, als er die Wichtigkeit des assoziativen Kontextes einbezieht. Statt der in der Spitze weit verbreiteten, vor allem erst einmal optisch wirksamen „Pinzettenküche“ (ich nutze hier einmal ausnahmsweise diesen albernen Begriff, alle Köche richten mit Pinzette an…), die sensorisch oft unsinnig ist, interessiert ihn mehr die aromatische Dimension und ihre Verankerungen/Verknüpfungen mit den Assoziationen seiner Gäste. Sie können nun erst einmal staunend „lecker“ sagen und sollen dies sogar, weil sie auf eine Küche treffen, die für sie gemacht ist, sie berühren will und ihnen sofort die Impression gibt, das höchste Kochkunst auch evident sein kann, von offensichtlicher, wirklich kommunikationsfähiger Qualität. Das Missverständnis scheint nun zu sein, dass man diese Arbeit bei Michelin nicht als Bestandteil des Konzeptes versteht, sondern sich an der Verwendung populärer Elemente (wie etwa diverse Mayonnaisen, Bearnaise-Varianten usw, usf.) stört und an ihnen sozusagen hängenbleibt. Dass sie ein wichtiger Teil des Ganzen sind, wird nicht verstanden, man scheint blockiert, wie erregt/aufgeregt über das Sakrileg, mit solchen Aspekten in einem Drei Sterne-Haus zu arbeiten.

Tatsächlich geht es aber bei Wissler noch viel weiter, viel tiefer. Der assoziative Kontext wird als Trigger benutzt, als eine Art Türöffner für die vielschichtigen, äußerst differenziert aufgebauten Kompositionen, die die Arbeit von Wissler heute bestimmen. Diese Küche hat jeden Tiefgang, den man schmecken will (oder kann), sie ist faszinierend in ihrer handwerklichen Perfektion, der enorm präzise realisierten Struktur und schlicht und einfach auch wegen eines neuen Wohlgeschmacks, den man nur auf diese Weise realisieren kann. Es ist die Küche eines seine Arbeit immer intensiv reflektierenden Kochs, der das tut, was wirklich kreative Köche immer tun, nämlich Neues zu entwickeln. Das ist Drei Sterne-Küche par excellence, und wenn Wissler zwei Sterne-Koch gewesen wäre, hätte er für diese Küche den dritten Stern bekommen müssen. Die Abwertung durch Michelin versinkt wegen des offensichtlich fehlenden Verständnisses in der Banalität von Entscheidungen, die unsouverän sind und dann bockig durchgehalten werden. Image vor Wahrheit. Wir kennen das auch aus der Politik.

Eine kleine Besonderheit am Rande ist auch, dass Wissler nicht der einzige Drei Sterne-Koch ist, der in diese Richtung denkt und an einer Gourmetküche der Zukunft arbeitet. Der Einbau von Elementen, die den assoziativen Kontext erfassen, die höchste Kochkunst ohne Einschränkungen trotzdem zugänglicher machen, ist ein enormes Ziel und eine enorme Leistung. Auf dieser Schiene wird es übrigens dann wohl auch endlich eine stärkere Einbeziehung der deutschen Regional- und Traditionsküche auf höchstem Niveau geben. Wenn man bei Michelin den Köchen in ihrer Arbeit nicht mehr folgen kann, wird es problematisch. Der Berg der exzellenten Küchen (etwa von mir immer wieder benannten Gerichte der Regionalküche, die man einfach nicht besser machen kann, die aber trotzdem als Banalitäten abgetan werden und mickrige Bewertungen – wenn überhaupt – erhalten), die man nicht sachgerecht bewerten kann, wird immer größer. Fällt das den Verantwortlichen nicht endlich auf?

10 Gedanken zu „Wissler – Michelin, Folge 2. Die Analyse“

  1. Nun ja.

    Der Guide Michelin hat nicht verstanden, ist auch nicht in der Lage zu verstehen (Dollase zu verstehen).

    Alternativ könnte es eine Verschwörung beim Guide Michelin geben. Einen geheimen Plan, Wissler abzuwerten.

    Vielleicht ist das auch einfach die Beurteilung des Guide Michelins. Kulinarische Kritiken sind immer relativ (im besten Fall können sie transparent gegen selbstgewählte Massstäbe für ‚was ist gut‘ vergleichen). Daher ist natürlich auch die gleichfalls subjektive Dollase-Meinung mehr als willkommen. Deren Kompetenz doch gar angezweifelt wird, die doch gar nicht das „ich stelle mich über den Guide Michelin“ als Rechtfertigung notwendig hat!

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  2. Da ist sie nun also, die mit größter Dramatik angekündigte Analyse der schlechten Arbeit des Guide Michelin im Falle Wissler und natürlich im allgemeinen….! Ich sage es mal so salopp wie deutlich, Ihre selbstverliebte und hyperintellektualisierte Sicht auf die Hochküche der heutigen Zeit zeigt nicht nur Ihren eigenen Narzismus Herr Dollase, sondern vor allem die generelle Schieflage in Ihren Aussagen. Zum einen wissen Sie nicht wie die Leute des Guides arbeiten, ebensowenig wie ich oder andere, zum zweiten wissen wir aber auch nicht wie Sie arbeiten! Woher kommt eigentlich Ihre unfassbare „Küchenschläue“? Sind Sie denn Koch? Sind Sie Fachmann, oder habe ich es nicht richtig in Erinnerung, dass Sie ehem. Rockmusiker mit Kunst, Musik & Philosophiestudium sind? Die Inspektoren sind Fachleute die das Kochen professionell erlernt haben, Sie doch offensichtlich nicht! Desweiteren sind Sie in Restaurants vermutlich genauso anonym und unbekannt wie der Bundeskanzler im Kanzleramt!! Desweiteren vermischen Sie Dinge die überhaupt nicht vergleichbar sind, Ihre subjektive Meinung zu einem Restaurant und die Arbeit von erfahrenen Fachleuten die vielleicht nicht mehr so einfach zu beeindrucken sind wie „Hinz & Kunz“! Sehr interessant finde ich die positiven Kommentare zu Ihren ziemlich verschwurbelten Aussagen, denn da scheint doch der eine oder andere ganz sicher mehr Ihrer spitzen Feder zugetan zu sein, als den wahren Fakten! Ich war übrigens im November im gleichen Restaurant eingeladen und war nicht einfach oberflächlich enttäuscht, sondern mir fehlte ganz oft der aromatische Tiefgang, mir kam es oft so vor als würde Kreativität vor Sinn und Ausdruck der eigentlichen Aromen kommen, aber für diese Aussage werde ich von Ihnen ganz sicher in die „Ahnungslos-Ecke“ gestellt! Abschließend muss ich feststellen – natürlich kann man immer wieder in Michelin Sternerestaurants auch nicht so gut essen, oder in dem ein oder anderen auch mal besser als bewertet, allerdings wird man lediglich über diesen Guide zu sehr guten und ausgezeichneten Restaurants geführt und man weiß dann auch das man Qualität bekommt und Ihre Aussage, dass man in vielen Sterne-Restaurants keine wirklich gute Ware bekommt ist in meinen Augen anmaßend, unverschämt und eine einzige Frechheit, Generalverdacht den Sie nicht beweisen können, sehr schade das Sie man Sie schreiben lässt was Sie einfach wollen…..

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  3. Ich verfüge über fast alle Michelin Guide Rouge europäischer Länder seit über 50 Jahren.
    Da kommt mir nach Ihren Artikeln die Idee, diese alle öffentlich zu schreddern oder zu verbrennen.
    Vielleicht würde das Michelin wieder auf einen richtigen Weg bringen?

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  4. Die Abwertung Wisslers bedeutet zweierlei: bedauernswerte Tragödie für einen Koch, der sicherlich nicht eine Klasse schlechter kocht als seine deutschen Dreisternekollegen, aber andererseits für manche Gourmets auch ein Befreiungsschlag. Die deutsche Spitzenküche scheint für viele schon seit geraumer Zeit im festen Griff einer konservativen Statusesserklientel gefangen zu sein. Veränderungen, die notwendig sind, um auch für ausländische Gäste wieder eine Reise wert zu sein, werden dadurch blockiert. Dazu kommt ein unsäglich ethnozentrischer Feuilleton a la FAZ, der Restaurantkritik mit Lobbyarbeit für deutsche Spitzenrestaurants verwechselt und durch seine Lobhudeleien beständig das Signal aussendet, alles sei in bester Ordnung. Gewiss gibt es vereinzelte kritische Stellungnahmen, aber diese sind bewusst so allgemein gehalten, dass sich niemand angesprochen fühlen muss. Und schon gar nicht die Riege der deutschen Dreisterneköche, denen hier (mit Ausnahme von Jürgens und Fehling vielleicht) regelmäßig Küchenleistungen auf Weltniveau attestiert werden. Dabei lesen sich die Speisekarten wie Klone: mit Gänseleber fängt’s an, danach die Rotbarbe, dann ist man beim lesen schon eingeschlafen. Umgekehrt werden kritische Stimmen von außen reflexartig rüde abgebürstet.
    Wissler muss man als ein Opfer dieser wirklichkeitsfremden Restaurantkritik sehen. Er wurde vor 10 Jahren in absurde Höhen gejazzt, von denen aus es nur noch einen Weg geben konnte – nämlich bergab. Dass er die in ihn gesetzten Erwartungen in diesem deutschen Umfeld gar nicht erfüllen konnte, musste klar sein. Insofern sollte es nicht verwundern, wenn heute ein abfallendes Niveau attestiert wird.

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    • Ach wie schön hat der neuste 3 Sterner in Paris Rotbarbe auf der Karte.
      Was halten Sie eigentlich vom Rutz lieber Marius? Und wie wurde es in diesem Umfeld besprochen?

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      • Lieber Christoph,
        ich bin der festen Überzeugung dass Regionalität gepaart mit einer ausgeweiteten Gemüseküche nicht nur ein flüchtiger Trend sondern die Zukunft auch der Spitzenküche ist. Ich denke wir sind uns einig, dass Restaurants, die eine Reise wert sind, in Sydney, New York oder Wolfsburg nach Möglichkeit nicht unisono Gänselebertorte oder Rotbarbe servieren sollten. Da die Rotbarbe an Frankreichs Küsten zu finden ist, handelt es sich hier also schon eher um ein regionales Produkt als bei uns. Insofern hinkt der Vergleich etwas.
        Das Rutz ist diesbezüglich natürlich besser aufgestellt. Aber einen Hort der Hyperavantgard, wie hier manchmal suggeriert wird, finden wir dort auch nicht.

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  5. Danke, dass Sie auch immer für die exzellente Regionalküche kämpfen. Für mich der Zukunftstrend, der sich auch betriebswirtschaftlich trägt.

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  6. Toll geschrieben, treffend auf die Zeit der kulinarischen momentan Situation . Oder einfach gesagt, ich denke da fehlt das Verständniss ,Wertschätzung der Tester .
    Wer so denkt und bewertet hätte Wohlfahrt irgendwann Seinen dritten Stern auch abgenommen.
    Oder etwa nicht?
    Ich frag mich seit Jahren wie die bewerten.
    Und welches Maß verwendet wird. Zb.
    Der Faktor begleitende Weine.
    Das Geschirr geriffelte Teller und einen gourmetlöffel. Ein Röhrchen würde mir mehr helfen den Sud zubekommen.
    Ist die Butter zum Brot kalt oder warm
    Ist das Brot warm oder kalt
    Hat der Tisch gegen über das gleiche Menü und trinkt einen Chateau figeac 2015 – 1er grand cru classe b – Bordeaux – Saint-Emilion 1er Grand Cru mit einem Aufschlag von 4 in der Karte also schlappe 1000 €
    Und versauen sich damit den Hauptgang …
    Allerdings stimmt die Kasse…

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