Das neue „Lafer“-Magazin: Zeitlos oder aus der Zeit?

Pünktlich zu seinem 60. Geburtstag hat Johann Lafer eine eigene Zeitschrift bekommen. Ihr Titel ist „Lafer“, Untertitel „Das Journal für den guten Geschmack“, erschienen ist das Magazin im Hamburger „Jahreszeiten Verlag“, aus dem u.a. auch „Der Feinschmecker“ und „Foodie“ stammen. Lafer fungiert als „Editor-at-large“, was nicht mit „Herausgeber“ oder „Chefredakteur“ zu verwechseln ist, sondern eher Jemanden meint, der eine unbestimmte Menge von Beiträgen zu einer Publikation leistet. Das Magazin ist offensichtlich auf vierteljährliches Erscheinen konzipiert – Heft 1 hat den Rücktitel „Herbst 2017 – Kulinarisches zur Erntezeit.“ Der Startpreis liegt bei günstigen 5 Euro für 170 Seiten.

Foto: Jahreszeiten Verlag GmbH

Inhalt
Bei personalisierten Magazinen richtet sich die Aufmerksamkeit oft als erstes auf das Ausmaß an Personenkult. Er hält sich hier soweit in Grenzen, dass er so gerade eben nicht penetrant wirkt – auch wenn zu den verschiedenen redaktionellen Erwähnungen noch eine ganze Reihe Bilder in Werbung und werbenahen Texten kommen. Das Hauptaugenmerk von „Lafer“ liegt auf Rezepten und Produkten. Mit Themen aus diesen Bereichen werden weite Teile des Heftes bestritten. Es gibt zum Beispiel Rezepte aus Sizilien von Antonino Esposito vom „La Vigna“ in Sulzburg im Anschluss an einen Text über Olivenöl in Sizilien. Dann eine größere Strecke namens „So schmeckt der Herbst“, wobei Lafer nicht eindeutig als Autor angegeben ist. Etwas über die Steiermark folgt, etwas über Trüffel und ein paar Trüffelrezepte von Douce Steiner vom „Hirschen“, ebenfalls in Sulzburg. In einem „großen Geburtstagsinterview“ stellt sich Lafer nicht etwa einem Spezialisten, sondern dem TV-Produzenten Hubertus Meyer-Burckhardt, wenig später folgen größere Ausschnitte aus seinem Buch „Das Beste“, inklusive der dort genutzten Step-by-Step-Fotografien. Später folgen dann auch noch Rezepte aus Malaysia – eine Folge von den vielen Reisen Lafers. Eine Reihe von Nachrichten und kleineren Features runden ab.

Diskussion
Das „Lafer“-Magazin richtet sich an ein interessiertes Publikum, das gerne selber kocht und dabei sowohl bei den Produkten wie bei den Rezepten ein gutes Niveau wünscht bzw. realisieren kann. Ein solches Publikum findet hier allerlei Gutes, und das in größerer Menge. Insofern ist das Magazin inhaltlich auch Ausdruck der pädagogischen Seite von Lafers Charakter: Es gilt, Gutes unters Volk zu bringen, also gewissermaßen seriös Geld zu verdienen. Andererseits geht es primär um das, was Lafer als „guten Geschmack“ empfindet, und damit ergeben sich einige Einschränkungen. Ohne das weiter bewerten zu müssen, kann man feststellen, daß „Lafer“ in dieser Form auch vor 20 Jahren schon hätte erscheinen können. An den durch und durch klassisch orientierten Rezepten kann man jedenfalls nicht ablesen, dass sich in den letzten Jahrzehnten kulinarisch eine Menge verändert hat. Weder Bio noch vegetarische Trends spielen hier eine Rolle, weder die ausgeweitete Gemüseküche (die nur als Tischdeko vorkommt) noch Ideen, die etwas mit Resteverwertung zu tun haben. Dass es heute gänzlich neue Geschmacksbilder jenseits der französisch inspirierten Klassik gibt, Geschmacksbilder, die mittlerweile sogar die internationale Kochkunst weitgehend dominieren, ist hier noch nicht angekommen. Insofern fehlt etwas die souveräne Position eines gestandenen Altmeisters, der mit wachem Blick auch Neues integrieren kann und auch ein jüngeres Publikum erreicht. Für ein jüngeres Publikum, für den Blick nach vorne, gibt es hier nichts zu entdecken, es ist eher ein Magazin für alte Freunde und ihre kulinarischen Werte.
Dass gegen Ende des Heftes Bücher etc. zu „Kulinarik und Kultur“ zusammengefasst werden, muss man nicht allzu wörtlich nehmen. Von Lafers bisweilen aufblitzendem, kulinarisch-politischen Engagement gibt es jedenfalls quasi keine Spuren – genau so wenig wie von höchstdekorierten Kollegen. Auch formal und von der Struktur her wird sich sicherlich bei „Lafer“ noch das ein oder andere ändern und ändern müssen. Im Moment herrscht ein wenig (trotz diverser Sparten) der Eindruck einer noch nicht besonders geordneten Ansammlung von Texten vor. Aber – das sind normalerweise die üblichen Kinderkrankheiten. Das Heft ist wenigstens nicht laut und marktschreierisch. So etwas ist heutzutage schon eine große Tugend.

7 Gedanken zu „Das neue „Lafer“-Magazin: Zeitlos oder aus der Zeit?“

  1. Ich besitze einen Esge-Zauberstab, der von Johannes Lafer signiert wurde – leider nicht von Hand, sondern maschinell eingraviert. Der Zauberstab ist vollkommen identisch mit normalen Modellen, außer dass er eben signiert ist und deshalb möglicherweise Lafer’schen Spirit auf den Benutzer überträgt. Dass dieser überdurchschnittlich geschäftstüchtige Mann jetzt auch Gegenstand eines Periodikums ist, scheint mir nur konsequent zu sein. Dennoch bleibt die Hoffnung, dass dieses Modell ein singuläres bleiben wird und nicht nächstens der Kiosk überquillt von Heftchen, die sich Fernsehköchen widmen. Die Novemberausgabe von »Lichter«, »Schuhbeck« als Abo mit Geschenkprämie, der aktuelle »Henssler« leider schon vergriffen, aber vom »Zacherl« hätten wir noch ein paar Exemplare rumliegen – nichts, was sich wirklich wünscht, wer noch bei Trost ist.

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    • Lieber Ralf S,

      Ihr fatalistischer Blick in die Zukunft des Zeitschriftenmarktes ist sehr gut nachvollziehbar. Es wird aber so kommen, weil die Bücher nicht mehr so richtig laufen. Vor ein paar Jahren bekam ich jede Woche mehrere Bücher von TV-Köchen, die ich gerne „Discounter-Bücher“ genannt habe. Es ist jetzt deutlich weniger. Das Prinzip bleibt das gleiche. Ich fürchte, daß auch populäre TV-Köche erkennen werden, daß man Qualität nur mit sehr trickreichen, einfach sensationell überzeugenden Publikationen vermitteln kann, nicht aber nebenbei unter Verwertung aller möglichen Reste.

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      • Lieber Herr Dollase,

        dieses Nicht-mehr-so-richtig-laufen ist ein interessanter Aspekt. Gilt das nur für Bücher von TV-Köchen oder für den Kochbuchmarkt insgesamt? Subjektive Momentaufnahmen aus den Kochbuchabteilungen großer Buchhandlungen, die ich zwei-, dreimal im Jahr betrete, machen jedenfalls nicht den Eindruck, als ob die Landschaft sich lichtet, sie wirkt im Gegenteil zunehmend lärmiger. Das können aber natürlich auch Anzeichen von Panik sein, und die Standzeit zwischen Erscheinen und Grabbeltisch scheint für das Gros der Publikationen erkennbar kürzer werden. Wobei sich zumindest die Lautesten unter den Dauerplauderern ungebrochen über meterlange Reihen erstrecken. Wie auch immer: ich fände es spannend, diesen Markt einmal gründlich ausgeleuchtet zu sehen. Zahlen, Hintergründe, Abgründe – Sie wissen schon. Sie lassen ja immer wieder mal Anmerkungen dazu in Ihren Kritiken einfließen, warum also nicht mal die Totale.

        PS. Jede Woche mehrere TV-Koch-Kochbücher zugeschickt zu bekommen, stelle ich mir alles andere als witzig vor. Ich meine, das macht ja auch was mit einem.

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