Am heutigen Mittwoch feiert der Südtiroler Heinz Winkler mit vielen prominenten Gästen in der „Residenz Heinz Winkler“ in Aschau seinen 70. Geburtstag. Er kann sich entspannen und auf ein von viel Erfolg gekröntes Leben zurückblicken. Er wird es aber nicht tun, weil seine Natur eine andere ist. Dass er als jüngstes von 11 Kindern einer Bergbauernfamilie aufgewachsen ist und seine Mutter früh verloren hat, hat sicherlich wichtige Linien in Winklers Leben vorgezeichnet und seine Motivation nachhaltig bestimmt.
Mit 14 Jahren begann er eine Kochlehre, was in damaligen Zeiten so ungefähr das Gegenteil von dem war, was man heute teilweise beobachten kann. Er musste extrem hart arbeiten, ohne dass auf die Uhr geschaut und die Arbeitszeit abgemessen wurde. Als er sich dann bis zum Alter von 28 Jahren weiter durch diverse große Hotelrestaurants gearbeitet hat, war die Lage ebenfalls noch komplett anders als heute. Winkler hat mir einmal eine wunderbare Sammlung alter Fotos aus dieser Zeit gezeigt, auf denen wirklich bizarre Schaustücke für große Tafeldekorationen zu sehen waren – aus Butter geschnitzte Adler auf Bergspitzen und ähnliche Dinge. Man glaubt es kaum, und fragt sich, welche Energien da in eigentlich unkulinarische Arbeiten gingen.
Zu dieser Zeit wurde dem jungen Heinz Winkler aber glasklar, dass er mit viel Engagement und harter Arbeit einen Weg gehen konnte, der für einen ganz erheblichen Aufstieg sorgen würde. Und dann kommt der zweite Teil seiner Erzählungen aus frühen Jahren. Sie sind davon bestimmt, wie sich langsam aber sicher der Virus der Spitzenküche bei ihm festsetzte. Ziel aller Wünsche war es, die damals weltweit noch völlig unumstrittenen, berühmten französischen Kochstars zu erleben und von ihnen zu lernen. Winkler und einige Freunde gaben buchstäblich jeden Pfennig für Reisen nach Frankreich aus, aßen bei Bocuse und Co., schliefen nicht (und schon gar nicht in Hotels) und fuhren wieder zurück an ihre Arbeit. Das Alles blieb natürlich nicht ohne Folgen. Winkler arbeitete weiter hart an seinen Kenntnissen und Fertigkeiten und konnte die Zeit seiner immer aus eigenem Antrieb betriebenen Studien schließlich mit einem Jahr bei Paul Bocuse abschließen. Dass er 1978 als Nachfolger von Eckart Witzigmann ins damals schon berühmte „Tantris“ ging, hat unmittelbar mit dieser Arbeit zu tun. Bocuse und andere wussten längst, dass sich mit Heinz Winkler ein geniales Talent auf den Weg gemacht hatte.
Noch eine Kleinigkeit zum Thema Bocuse. Was in Deutschland immer noch nicht so recht bekannt ist, ist die enge Verbindung zwischen dem Großmeister und seinem hochtalentierten Schüler. Ein großer Teil dessen, was Bocuse in Deutschland erreicht hat (und er wurde in den 70er und frühe 80er Jahren hier sehr groß) entstand auf der Basis von Rezepten, die zu einem beträchtlichen Teil durch die Hand von Heinz Winkler gingen. Wer deutsche Bocuse-Bücher durchblättert und die Handschrift Winklers kennt, wird das sofort feststellen.
1981 erhielt Winkler im Tantris den dritten Michelin-Stern – parallel mit Herbert Schönberner vom „Goldenen Pflug“ in Köln war er nach Witzigmann erst der zweite Koch, der in Deutschland diese Ehrung erfuhr. Die Sterne kamen und gingen und kamen. Als er 1991 seine „Residenz“ in Aschau eröffnete, gab es erst einmal nur zwei, dann wieder drei, die dann nur zwei Jahre blieben, aber 2001 noch einmal für 7 Jahre wiederkamen. Winkler hat die Abstufungen, die ihn als einen Koch, der das Michelin-System alter Schule völlig verinnerlicht hat, schwer trafen, nie ganz verwunden, sich aber sozusagen in den Zuständen eingerichtet. Als selbstbewußter Koch, der er mittlerweile geworden war, hatte er bei den Führern neben Freunden auch immer kritische Begleiter. Er hat heute zwei Sterne, aber man sollte sie unbedingt mit einem Lorbeerkranz versehen.
Ein ganz spezieller Punkt, den man aus seiner Biographie verstehen muss, war immer das Verhältnis zu dem, was er schon mal „Hotelköche“ nannte. Winkler war und ist sehr stolz darauf, dass er für den Kauf und den Ausbau seiner „Residenz“ von der Bank eine Menge Geld bekommen hat, und das sozusagen nur wegen seiner Fähigkeiten und nicht wegen Eigenkapital oder sonstiger Sicherheiten. Als er den hohen Kredit schneller zurückzahlen konnte, als das vorgesehen war, war er besonders stolz darauf. „Hotelköche“ sind für ihn (und natürlich auch für andere selbstständige Köche) Köche, die nicht darauf achten müssen, dass sie mit ihrer Arbeit Geld verdienen. Bergeweise weiße Trüffel über eine Kastaniencreme geben – so einmal eines seiner Beispiele – konnte er sich nicht erlauben – während die „Hotelköche“ dafür gefeiert wurden.
Aber – lassen wir das. Ich habe bei Heinz Winkler oft hervorragend gegessen und dabei nicht nur erlebt, welche ganz spezielle Stimmung ein „Grande Maison“ mit zwei gefüllten Sälen haben kann, sondern vor allem immer das Gefühl gehabt, hier weiß jemand ganz genau, wie hervorragende Küche funktioniert, wie leicht sie sein muss, wie intensiv und wie entspannt. Heinz Winkler gehört unbedingt zu den Köchen, die man besucht haben muss und die jeder junge Koch besuchen sollte. Ich habe viel über ihn geschrieben, es gab immer viel über ihn zu schreiben, erst recht dann, wenn man sich einmal in Ruhe mit ihm zurückzog und Gott und die kulinarische Welt einmal gründlich vorbeiziehen ließ. Seine Meinung ist oft pointiert und war oft anders als meine, aber das macht gar nichts, weil er zu den Leuten gehört, bei denen man unbedingt genau zuhören sollte.
Lieber Heinz Winkler, leider kann ich der Einladung zum heutigen Fest wegen einer Auslandsreise nicht folgen. Ich wünsche – auch im Namen der ganzen www.eat-drink-think.de – Mannschaft – alles, alles Gute für den Tag und für die Zukunft!
Fotos: © Winkler/Residenz Heinz Winkler