Marc Declerq/Willem Asaert: Roger & Ik. 48 Collega’s over de blijvende Invloed van Roger Souvereyns. Uitgeverij Lannoo, Tielt 2018. 304 S., geb., 60 Euro (in niederländischer Sprache)

Roger Souvereyns ist ein flämischer Koch, dessen Arbeit im „Scholteshof“ in der Nähe von Hasselt in Belgien zeitweilig mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Im Dezember feierte Souvereyns seinen 80. Geburtstag. Aus diesem Anlass ist ein Buch entstanden, in dem 48 ehemalige Mitarbeiter seinen Einfluss auf ihre Arbeit schildern und Rezepte beisteuern. Soweit die schlichten Fakten, die – wie jeder Kenner der Lage weiß – überhaupt nicht wiedergeben, um wen und was es sich hier eigentlich handelt. Man muss den mittlerweile vielen Köchen und Gourmets, die den Scholteshof nie besuchen konnten, unbedingt erläutern, welch sensationelle Angelegenheit dieses Restaurant war.

Souvereyns war ein sehr kreativer Koch, der in die erste Garde der Kreativen seiner Zeit gehörte. Dass er „nur“ von 1985 bis 1993 zwei Michelin Sterne hatte, ist nicht ausschlaggebend für seine Arbeit und seine Wirkung. Bekannt wurde er vor allem durch den „Scholteshof“, ein Anwesen, das bis heute als Vorbild für Restaurants gelten kann, die über alle möglichen Einrichtungen und einen hohen Anteil an Selbstversorgung verfügen wollen. Auf rund 12 Hektar gab es Gärten aller Art und eine wunderbare Ansammlung von flachen Gebäuden. Das Ganze war jahrelang ein kulinarisch-gastronomischer Anlaufpunkt wie es ihn in Mitteleuropa kaum ein zweites Mal gab. Die Räume waren in einem Mix aus klassischen Antiquitäten von Rang und einer Art flämischen Deko-Stil gestaltet – was vor allem an Walda Pairon lag, der berühmten Innenarchitektin und Ehefrau von Roger Souvereyns. Den „Scholteshof“ gibt es schon lange nicht mehr. Wer sich ein Bild von den Aktivitäten machen will, sollte sich das Buch „Der Scholteshof in Flandern“ von Rosine de Dijn besorgen – oder auch „Lust auf Löffel“, eine Sammlung exzellenter Löffelgerichte. Ohne Souvereyns konnten seine Nachfolger das Anwesen nicht erfolgreich führen. Es war für den Meister besonders traurig, dass seine Söhne – obwohl in der Gastronomie tätig – nicht das Format hatten, in seine Fußstapfen zu treten.

Das Buch
Schon die Vorworte von u.a. Alain Ducasse, Michel Guérard und Alain Passard zeigen, das Roger Souvereyns als internationale Größe wahrgenommen wurde. Den Anfang macht die Lebensgeschichte von Souvereyns als „Koch und Unternehmer“. Der „Scholteshof“ war für ihn ein Lebenstraum, den er sich im Alter von 45 Jahren verwirklichte, indem er diverse Etablissements, die er bis zu diesem Zeitpunkt aufgebaut hatte, verkaufte. Das Ende/der Verkauf im Jahr 2000 war übrigens gesundheitlichen Problemen und nicht etwa mangelndem Erfolg geschuldet. Nach einigen Rückenoperationen arbeitete Souvereyns danach als Berater für eine Hotelgruppe. Im Buch folgen tatsächlich fünf neue Rezepte aus seiner Hand, die teilweise durchaus seine „alte“ Handschrift erkennen lassen. So z.B. das „Trio von Gänseleber, Kartoffel und geräuchertem Aal mit einem Chutney von Rhabarber und Estragon“, der „Limburger Spargel mit Langustinen in einer Emulsion von Vanille und Zitronenmelisse“ und die „Kartoffeln der Zarin“, eine Kombination von Kartoffelpüree, Brunnenkresse, viel Kaviar und Crème fraîche.

Es folgen die 48 Geschichten seiner ehemaligen Mitarbeiter, ein Mix aus den jeweiligen Erinnerungen an die Arbeit bei Souvereyns, Darstellung der eigenen Entwicklung, Darstellung des Einflusses der Arbeit bei Souvereyns und Darstellung der Aktivitäten dieser ehemaligen Mitarbeiter – gut und vielfältig bebildert und meistens auch noch angereichert mit Rezepten. Es ist interessant zu lesen, wie unterschiedlich sich die Karrieren entwickelt haben – vom Catering-Unternehmen oder Kochschulbetreiber bis zu Drei-Sterne-Köchen.
Die Liste der Souvereyns-Schüler ist jedenfalls beeindruckend. Sie beginnt mit Sounil Bahadour, dem innovativen Zwei-Sterne-Koch aus Nuenen. Es folgt u.a. Drei-Sterne-Koch Jacob-Jan Boerma, Richard Ekkebus aus Hongkong, Francois Geurds, der Avantgardist aus Rotterdam, Drei-Sterne-Koch Rasmus Koefoed vom „Geranium“ in Kopenhagen und eine ganze Menge niederländischer und belgischer Sterneköche. Und – ja, zumindest in den veröffentlichten Rezepten ist die Spur des Meisters ohne weiteres zu erkennen.

Das Format ist interessant, vor allem für Leute, die sich für kulinarische Zusammenhänge und Entwicklungen interessieren. Der Band erinnert ein wenig an eine Buchserie, die es vor Jahren einmal in Frankreich gab und die leider nach drei Folgen beendet wurde. Die Serie hieß: „Les Maitres de la Gastronomie“, und es gibt die Folgen mit Joel Robuchon (1997), Alain Senderens (1997) und Alain Ducasse (1998). Dort wurde die Arbeit der Meister mit sehr präzisen und präzise bebilderten Rezepten vorgestellt, gefolgt von Rezepten ihrer Schüler zu den jeweiligen Themen (Hummer, Kaviar, Wolfsbarsch etc.). Diese Bücher sind auch heute noch ein großer Gewinn. Es gibt sie hier und da noch im Netz.

Fazit
Wie erwähnt ist dieses Buch kein explizites Kochbuch, sondern eine Art Hommage an einen großen Koch. In ihrer Ausführlichkeit legen die ehemaligen Mitarbeiter aber eine Menge von Details dar, die man eher selten erfährt – auch viel Anekdotisches natürlich. Das Buch ist also vor allem etwas für Kenner der Materie. Die zurückhaltende Wertung als Kochbuch muss also in diesem Zusammenhang verstanden werden.

Das Buch bekommt ein grünes B

3 Gedanken zu „Marc Declerq/Willem Asaert: Roger & Ik. 48 Collega’s over de blijvende Invloed van Roger Souvereyns. Uitgeverij Lannoo, Tielt 2018. 304 S., geb., 60 Euro (in niederländischer Sprache)“

  1. Was für ein Jammer, wenn man heute die Ruinen sieht. Ich hatte das große Vergnügen in Hasselt zweimal Gast sein zu dürfen. 1997 und noch einmal Ende 2000. Unvergessliche Erlebnisse in einem Gesamtkuntwerk. Ein magischer Ort. So schade, dass man bei Roger Souvereyns nicht mehr löffeln kann.

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  2. Ich habe mich sehr über Ihre Würdigung von RS gefreut; wir haben das große Glück und Vergnügen gehabt, dorthin mehrere Male zu reisen und unser Erspartes bei ihm zu genießen. Das Ende war ein trauriger“ Schock“, der Zustand des ganzen Ensembles vor einigen Jahren ein Trauerspiel.
    Vielen Dank und Gruß, Dr. Sudeck

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