Sergio Herman: Sobremesa. Mijn Ibiza. Sergio Herman / Uitgeverij Carrera Culinair, Amsterdam 2019. 290 S., geb., Ganzleinen, 34,99 Euro (in niederländischer Sprache)

Diese Rezension wird einmal etwas andere Schwerpunkte haben, und das aus einem ganz speziellen Grund, der viel mit hoch erfolgreicher, kreativer Küche und ihren Folgen für die sie tragende Person zu tun hat.

Über Sergio Herman braucht man wohl kaum noch etwas zu sagen, außer dass er trotz Höchstnoten in allen Führern (inklusive 20 Gault Millau – Punkten) am 22.12.2013 sein Restaurant „Oud Sluis“ geschlossen hat und nur ein Jahr später mit Nick Bril das „The Jane“ in Antwerpen eröffnete, das sofort ebenfalls „von 0 auf 100“ ging und zu den erfolgreichsten Gourmetrestaurants Europas gehört.

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Tanja Grandits: Tanja Grandits vegetarisch. Grüne Lieblingsrezepte für jeden Tag. AT-Verlag, Aarau und München 2020. 336 S., geb. Hardcover, 34 Euro

Tanja Grandits vom „Stucki“ in Basel ist eine der besten Köchinnen der Welt. In den letzten Jahren hat sie sich vor allem mit markanten kulinarischen Schwerpunkten profiliert, die sie zum Teil auch in Büchern zusammengefasst hat – etwa „Gewürze“ von 2013 und „Kräuter“ von 2015. Beide Aspekte finden sich nach wie vor auch deutlich in ihrer Arbeit und sind keine „isolierten“ Themen, wie man das bei manchen populären Köchen findet. Am auffälligsten waren in den letzten Jahren ihre monochromen Gerichte, bei der sie jeweils ausschließlich Produkte und Zubereitungen verwendet hat, die der gleichen Farbgruppe zugehörig sind. Das schien eher ein Gag zu sein, entpuppte sich dann aber als eine kreative Variante, bei der sich Tanja Grandits auferlegte, nur mit jeweils einer Farbe zu arbeiten und dann einerseits sehr viel länger nachdenken musste, um dann – zweitens – zu oft besonders kreativen Lösungen zu kommen.

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Magnus Nilsson: Fäviken. 4015 Days, Beginning to End. Phaidon, London/New York 2020. 324 S., geb., Hardcover/Ganzleinen, Amazon-Vorbesteller Preisgarantie ca. 38 Euro (in englischer Sprache)

Für viele Hardcore-Gourmets war es ein Schock, als Magnus Nilsson im letzten Jahr ankündigte, er werde sein schnell weltweit berühmt gewordenes Restaurant „Fäviken Magasinet“ im schwedischen Fäviken am 14. Dezember 2019 schließen. Nilsson (geb. 1983) hat schon in jungen Jahren und mit seltener Konsequenz ein Avantgarde-Konzept realisiert, das für Furore sorgte, weil er den skandinavischen Nova Regio – Ansatz so konsequent umsetzte wie keiner sonst. Ob er überhaupt „Avantgarde“ im Sinn hatte, kann übrigens durchaus diskutiert werden, weil es ihm im Prinzip vor allem um eine radikal lokale Küche ging, die durch die besonderen Umstände in Fäviken eine avantgardistische Außenwirkung erzielte.

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Andreas Döllerer: Short Rib vom Holzkohlegrill, Salat, Schnittlauchsauce und Kren

Andreas Döllerer arbeitet in seinem „Genießerrestaurant“ seit Jahren an einer ganz spezifischen Interpretation regionaler und traditioneller Ressourcen. Seine Entwicklung ist dabei zunehmend selbstbewusst und zeigt ein hoch entwickeltes Verständnis von traditionellen wie zeitgenössische Kochtechniken, die für ein Geschmackbild eingesetzt werden, von dem man dann sagen kann, dass es in dieser Qualität und Ausrichtung nur bei … Weiterlesen

Norbert Niederkofler: Cook the Mountain. The nature around you. Südwest Verlag, München 2020. Hauptband: 394 S., geb., Hardcover mit AppleSkin-Cover, Großformat. Rezeptband: 160 S., Broschur. 98 Euro (deutschsprachige Ausgabe)

Was für ein Buch! Was für eine Entwicklung! Norbert Niederkofler vom Restaurant „St. Hubertus“ in Sankt Kassian in Südtirol ist mit 59 Jahren schon in einem Koch-Alter, in dem die Großmeister oft nur noch am Pass stehen und den Gerichten aus ihren wohlorganisierten Manufakturen den Segen geben. Im Jahre 2003 (damals erst mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet), hat er schon einmal ein großes Buch veröffentlicht (St. Hubertus. Kochen mit Norbert Niederkofler. Athesia-Verlag, Bozen 2003). Es zeigte eine typisch Südtiroler Küche mit eher übersichtlichen regionalen Aspekten, viel italienischen und allerlei internationalen Einflüssen. Niederkofler war damals ein guter Koch, der sich aber offensichtlich eher an anderen guten Restaurants als an dem orientierte, was später sein großes Thema wurde, nämlich die Küche seiner Region, die er heute zwischen Tradition und einer avantgardistischen Sicht so beeindruckend realisiert, dass er mittlerweile nicht nur zu drei Michelinsternen gekommen ist, sondern auch einen hervorragenden internationalen Ruf als Avantgardekoch genießt.

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Chihiro Masui/Richard Haughton: Jérôme Banctel. La Réserve Paris. Flammarion, Paris 2019, 320 S., geb., Hardcover im Schuber. 75 Euro (in französischer Sprache, bei Amazon erhältlich)

Nein, es ist nicht wie ein Gruß aus einer fernen Welt, auch wenn im Moment Frankreich nicht wirklich gut zugänglich ist. Auch in Paris gilt, was manche Gastronomen längst erkannt haben, dass nämlich gute Restaurants so ziemlich das einzige kulturelle Vergnügen von Rang sind, das den Menschen im Moment zugänglich ist. Viele Spitzenrestaurants sind sehr gut besucht oder sogar auf längere Zeit hin ausgebucht. Man kann sich dort sicherer als an manch einer anderen Stelle fühlen, weil zum Beispiel die Abstandsregeln eigentlich schon vor Corona eingehalten wurden und es ohnehin dort sehr zivilisiert zugeht. Da kommt einem der Satz von Guy Savoy wieder in den Sinn, der da schon vor vielen Jahren einmal gesagt hat: „Die guten Restaurants sind die letzten zivilisierten Plätze auf diesem Planeten.“ Das hat was, auch wenn die Eintrittspreise gerade in Paris nicht eben volkstümlich sind.

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Neo-Bio-Wirtshaus: Der „Mohrenwirt“ in Graz

Wenn man durch die schöne Altstadt von Graz schlendert und auch die umliegenden Viertel nicht vergisst, bekommt man ein interessantes Bild der lokalen Gastronomie. Natürlich gibt es immer noch und überall steirische Küche, oft für die Touristen. Was aber besonders auffällt, ist eine schon höchst breite Szene an vegetarischen oder veganen Restaurants, von denen es … Weiterlesen

Das Fundstück: Traudl Seifert/Ute Sametschek: Die Kochkunst in zwei Jahrtausenden.

Das große Buch der Kochbücher und Meisterköche. Mit Originalrezepten von der Antike bis 1900. Gräfe und Unzer Verlag, München 1977. 224 S., geb., Ganzleinen im Schuber. (antiquarisch noch erhältlich)

Der erste Eindruck ist ganz klar und in gewisser Weise auch radikal: ein exzellentes Buch wie dieses, das ein komplexes Thema mit Unmengen von Quellenauswertungen und Unmengen von prächtigen Illustrationen bearbeitet, dass dazu noch gleichzeitig populär aufgemacht und wissenschaftlich korrekt (u.a. mit großer Bibliographie) gemacht ist, scheint heute kaum noch möglich zu sein.

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Könnte vielleicht einmal jemand die Sacher-Küche in Salzburg in Ordnung bringen?

Nein, ich werde hier in keinem Falle eine Reisewarnung für das Café Sacher in Salzburg aussprechen. Aber – ich möchte nicht darauf verzichten, gewisse Irritationen und Sorgen zum Ausdruck zu bringen. Es wäre einfach zu schade, wenn es so bliebe, wie es anscheinend im Moment ist. Es ist so: Seit vielen Jahren gehen wir – … Weiterlesen

Gérard Goetz: Alsace. Un Paysage Gastronomique. Éditions de La Martinière, Paris 2019. 408 S., geb. Hardcover, ca. 45 Euro (in französischer Sprache)

Erst einmal hätte ich das Buch in einer Buchhandlung in Colmar beinahe übersehen. Es stand bei den diversen Elsass-Büchern und der Titel sah so ähnlich aus wie einer dieser folkloristischen Bände, die es in großer Zahl dort zu kaufen gibt. Glücklicherweise habe ich es dann doch in die Hand genommen. Mir wäre sonst eines der größten Bücher-Vergnügen der letzten Zeit entgangen. Dazu muss ich sagen, dass ich mich über zwei Typen von Büchern am meisten freue: einmal natürlich über Alles, was neu ist, weil mich so etwas elektrisiert. Ich bin immer der Meinung gewesen, dass sich ein Kritiker, der seinen Beruf ernst nimmt, grundsätzlich und ganz natürlich für Neues interessieren wird und sorgsam damit umgeht. Der zweite Typus sind Bücher, die für mich eine gewisse Anarchie ausstrahlen, weil sie sich überhaupt nicht um das zu kümmern scheinen, was „man“ gerade kochen muss, sondern das präsentieren, was man kann und präsentieren will, und zwar geradezu mit einer Lust, so etwas auch gegen jeden Trend auszukosten.

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