Auf dem Weg zur kulinarischen Sekte? Die Drei-Sterne-Restaurants produzieren eine Lücke

Die Ankündigung der Althoff-Hotelgruppe, die beiden Drei-Sterne-Restaurants „Vendôme“ in Bensberg und „Überfahrt“ am Tegernsee auf nur noch fünf Services pro Woche zurückzufahren, hat bei vielen Beobachtern ein ungutes Gefühl hinterlassen. Natürlich sind solche Maßnahmen verständlich. Sie haben etwas mit der aktuellen Post-Corona-Situation, meist mit Personalnot zu tun, aber auch damit, dass fünf Restaurantöffnungen perfekt zur … Weiterlesen

Kulinarisches Adrenalin

Eneko Atxa: Azurmendi. Montagud Editores, Barcelona 2021. 444 S., geb., Hardcover, ca. 87 Euro (parall: spanisch-englisch)

Erst einmal müssen man zugeben, dass wir aus deutscher Sicht nur immer wieder staunen können, in welchen Dimensionen in Spanien Spitzenküche betrieben wird. Wenn der in Bilbao arbeitende Drei-Sterne-Koch Eneko Atxa ein Buch wie dieses herausbringt, wird auch für Leser, die noch nicht in Bilbao waren (korrekter: das Restaurant liegt ein Stück außerhalb der Stadt) deutlich, dass es hier nicht um ein Hotelrestaurant geht, dass irgendwo seine Ecke abbekommen hat, sondern um einen großen, sehr ansehnlichen Betrieb, in dem Alles, aber auch wirklich Alles getan wird, um das Beste aus dem Ansatz und den Fähigkeiten des Kochs zu machen.

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Entkrampft. „Fou de Cuisine“ ist eine Zeitschrift ohne falschen Ballast.

Bei den deutschen Gourmetzeitschriften (im weiteren Sinn verstanden) gibt es ein ganz charakteristisches Merkmal: Sie wollen oft kulinarische Politik machen und wirken deshalb mehr oder weniger verkrampft. Man kann es auch anders formulieren: Sie brauchen einen Gegner, ein Feindbild und definieren sich als das positive Gegenteil zu diesem Feindbild. Mal geht es still und heimlich gegen die Spitzenküche, mal gegen eine bestimmte Art von Spitzenküche, mal gegen die Niederungen, in denen sich Leute aufhalten müssen, die nicht besonders viel Geld haben (das sagt man so natürlich nicht).

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Nils Henkel: Flora

Was für eine Freude! Endlich liegt einmal wieder ein richtig großes, prall gefülltes, hochinteressantes und auch noch schönes Kochbuch eines deutschen Spitzenkochs auf dem Tisch! Die Zeiten für Kochbücher unserer Meister sind naturgemäß nicht so richtig gut. Im In- und Ausland hält sich die Branche erkennbar zurück, und alle warten anscheinend erst einmal ab, bis … Weiterlesen

Regionalität. Was darf man erwarten, was nicht?

Zuerst einmal muss es um den Begriff „erwarten“ gehen. Es kann bei Diskussionen um die Inhalte von Küche nie darum gehen, Vorschriften welcher Art auch immer aufzustellen. Wir sind hier nicht in einem Bereich, in dem es darum geht, eine bestimmte Küche zu machen und eine andere zu verurteilen – auch wenn solche Dinge in der Vergangenheit schon passiert sind, etwa als einmal vor einigen Jahren ein Restaurantführer die Verwendung bestimmter Produkte quasi bestrafte. Aber – es darf, kann und muss eine Diskussion darum geben, welche Art der Küche aus welchen Gründen für besser gehalten wird als eine andere. Die Gründe können vielfältig sein: Es kann um Kommerzialität gehen, um mehr Akzeptanz in künstlerisch-ästhetischer Sicht usw. usf. Die Diskussion etwa um die Bedeutung der regionalen Anbindung wird auf diese Weise zu einem Diskurs um Ideen, zu einem Werben für eine Verschiebung der Perspektive oder auch – von der „anderen“ Seite aus gesehen – um Beseitigung von Bedenken wegen der angeblich begrenzten Anzahl von Qualitätsprodukten in den jeweiligen Regionen.

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Kochbuch für die Doppel-Kopfesser

Es ist längst klar: der Kopf spielt beim Essen immer eine ganz wichtige Rolle. Allein schon bis wir uns etwas Essbares in den Mund stecken, realisieren wir – meist unbewusst – schon eine ganze Reihe von Prüfungen. Riecht es irgendwie „schräg“? Ist es zu schlabberig? Weicht die Form zu sehr von Bekanntem ab? Erst wenn diese individuelle „Zensur“, dieser Abgleich mit unseren Vorlieben oder „No-Gos“ erledigt ist, greifen wir zu. Bei Leuten, die vegetarisch oder vegan essen, kommt noch eine wichtige weitere Kopf-Aktion hinzu.

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Eat-Drink-Think Sommer-Special: Ein Dokument zur Documenta 2007 / Ferran Adrià

Vorbemerkung: Im Jahr 2007 hatte ich allerlei mit dem Thema Ferran Adrià bei der Documenta 12 in Kassel zu tun. Documenta-Chef Roger M. Buergel hatte mich frühzeitig angesprochen, und zwar nicht nur wegen eines Katalog-Textes über Adrià, sondern auch wegen Überlegungen dazu, welche Perspektiven es für die eigentliche Ausstellung geben könnte. Dabei ging es vor … Weiterlesen

Sind unsere Restaurant-Patissiers schlechte Chocolatiers?

Vorbemerkung. Ich möchte diesen Text, den ich ursprünglich nur über einen guten französischen Chocolatier schreiben wollte, auch für ein anderes Thema nutzen, das mir schon lange immer wieder auffällt. Es geht um die Qualität der „Pralinen“, die in guten Restaurants oft zum Abschluss des Essens zusammen mit dem Kaffee gereicht werden. Sie haben für mein … Weiterlesen

Die Menü-Probleme

Vorbemerkung. Mein Text vom Donnerstag/Freitag über die aktuellen gastronomischen Entwicklungen mit der Kritik an zuviel Einheitsmenüs, zu wenig à la carte-Angebot oder einem zu stark abgespeckten Mittagsprogramm hat sehr viele Reaktionen bekommen. Dafür danke ich erst einmal ganz herzlich. Wie Sie wissen lasse ich alle Rückmeldungen im Netz stehen und entferne sie selbst dann nicht, … Weiterlesen

Gastronomisches Long-Covid?

Es läuft wieder, und es läuft nicht rund. Wer im Moment durch die Lande fährt und Restaurants besuchen will, muss sich auf eine kaum überschaubare Situation einstellen. Von den Öffnungszeiten bis zum kulinarischen Angebot scheint Vieles nicht mehr so wie früher zu sein. Mir fällt das vor allem deshalb auf, weil ich für mich üblicherweise … Weiterlesen